Montag, 6. April 2009

Die Ambivalenz des Frickelns

Gestern waren wir Helden.

Ich habe - gemeinsam mit Freunden und unter fachkundiger Anleitung - an meinem Motorrad die Kette gewechselt. Was einem Fahrradfahrer als eher kleine Nummer vorkommen mag, ist beim Motorrad nicht so ganz ohne. Schließlich zerren bei meinem Motorrad bis zu 78 PS am Gliederband - und für das Geld, das eine Kette samt Kettenrädern kostet, würde ich im Baumarkt auch schon ein Fahrrad bekommen, okay, ein günstiges.

Eine Motorradkette kann man grundsätzlich auf zwei Arten wechseln: Entweder man nimm eine Kette mit Schloss, dann muss man nicht ganz so viel abbauen. Oder man macht's richtig und nimmt eine Endlos-Kette, schließlich zerren 78 PS dran, und das Kettenschloss ist ein potenzieller Schwachpunkt, sagen die Experten. Selbstverständlich wollten wir's richtig machen.

Bei einer Endlos-Kette muss - natürlich - das Hinterrad raus. Dazu muss man erst einmal die hintere Bremse abbauen. Es muss auch die Hinterradschwinge raus, dazu muss hinten der Kotflügel ab, der Bremsleitungshalter und noch ein paar Kleinteile. Bei der Gelegenheit baut man gleich mal eben auch noch das hintere Federbein raus und schaut, ob die Lagerungen noch genügend Fett haben (hatten meine nicht). Natürlich muss man sich alle Teile genau angucken und überprüfen, um sie gegebenenfalls auszutauschen, wenn irgendwas dran ist.

Wenn man das halbwegs gründlich macht, sieht es irgendwann einmal aus, als sei das Heck des Motorrads explodiert.

Und wo wir schon mal dabei waren, haben wir natürlich auch verbessert und optimiert, wo es ging. Die Ruckdämpfer im Hinterrad gegen verbesserte Elemente aus dem Nachfolgemodell ausgetauscht, dito das Federbein und das Hinterradlager. Alle anderen Lager überprüft, abgeschmiert, jede Menge altes, pechklebriges Kettenfett entfernt und dann alles wieder zusammengeschraubt. Dabei bei jeder Schraube penibel im Wartungshandbuch das maximale Anzugsdrehmoment nachgeschlagen und mit dem Drehmomentschlüssel akkurat angezogen.

Mein Vater wäre sicherlich stolz auf mich, wenn er dabei gewesen wäre.

Als die Maschine dann wieder in einem Stück da stand, habe ich gleich eine kleine Probefahrt gemacht, ob alles passt: Es passt. Und wir fühlten uns gut.


Es kann auch anders laufen.

Die Ambivalenz des Frickelns besteht darin, dass man entweder Erfolg hat - dann fühlt man sich wie ein Held. Die schwarze Schmiere unter den Fingernägeln, die sich restlos nur noch durch Amutation entfernen lässt, stört ebenso wenig wie die angestoßenen Knöchel oder die schmerzenden Knie.

Oder man scheitert. Findet die Fehlerursache nicht. Macht beim Schrauben mehr kaputt als man reparieren wollte. Braucht Stunden, um die Affäre wenigstens halbwegs zu retten. Bekommt Ärger mit der besten Ehefrau von allen, weil sie einen gegen sieben erwartet hat und man gegen zehn gekommen ist. Man hätte anrufen können, aber die Finger trieften so vor schwarzer Schmiere, dass man damit sein Handy nicht anfassen wollte.

Klassisches Beispiel: Die Sache mit der Batterie. Ich habe mein Motorrad im Oktober gekauft, und danach verging kaum ein Tag, an dem ich nicht damit gefahren bin. Im November wurde dann das Wetter schlecht, so dass ich die Maschine auch mal ein paar Tage stehen ließ. Nach drei Tagen Stillstand sprang sie nicht mehr an: Kein Saft auf dem Anlasser. Habe ich irgendwelchen Strom angelassen? Naja, Motorrad angeschoben (Für mich als Fahranfänger damals ein Riesen-Stunt, mir lief der Schweiß aus allen Poren), eine Runde gefahren, geht wieder. Doch nach einer weiteren, dreitägigen Pause war wieder alles tot.

Okay, die Batterie ist platt, eine neue muss her.

Bei normalen Motorrädern sitzt die Batterie unter der Sitzbank, man hat sie nach zwei Minuten in der Hand. Bei meiner Maschine muss man, um an die Batterie zu kommen, die dreiteilige Verkleidung abschrauben, den Tank abnehmen, dann kommt man an den Batteriekasten. Dabei kann man eigentlich nicht viel falsch machen. Man kann aber auch beim Verkleidungsabschrauben zwei Schrauben durchnudeln, beim Tank abheben die Benzinschläuche perforieren und die falsche Batterie kaufen. Meine war wenigstens nicht zu groß für den Batteriekasten - sie war zu klein. Also musste ein Gel-Mousepad sterben, seine Reste füllten den Spalt zwischen Batterie und Kasten.

Nach vier Stunden schrauben und zwei unvorhergesehenen Fahrten zum Teilehändler, war wieder alles halbwegs an seinem Platz. Sie lief wieder - und ich musste nur noch den Ärger meiner Frau abwettern.

Drei Tage später sprang die Maschine nicht mehr an.

Später stellte sich raus: Es war nicht die Batterie, es war der Lichtmaschinenregler. Er wurde auf Garantie getauscht. Die Batterie übrigens auch, denn die war inzwischen wieder kaputtgegangen.

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