Donnerstag, 23. Oktober 2014

Einmal Balkan und zurück

Ein paar Tage Resturlaub, Frau hat keine Zeit, also aufs Mopped und los. Hat die Q eigentlich schon mal das Meer gesehen? Solange ich sie habe nicht, also auf in den Süden. Das Wochenende in München war traumhaft, in den Tagen darauf soll das Wetter nachlassen. Andererseits: Was die im Wetterbericht immer so sagen...
Am Montagmorgen piept der Wecker um 06:20 Uhr. Um 07:28 Uhr geht um diese Jahreszeit die Sonne auf, dann will ich auf dem Bock sitzen. Mein Gepäck habe ich schon am Vortag in die Koffer gepackt. Ölstand? Luftdruck? Bloß nicht überorganisieren, wird schon passen. Durch ätzenden Berufsverkehr in Richtung Süden auf die A95 in Richtung Garmisch gestaut, dann weiter auf der Autobahn bis zur Abfahrt Wolfratshausen, dort runter, über Beuerberg und Königsdorf nach Bad Tölz, von dort auf die B13 in Richtung Achensee. Eine Routine-Strecke, aber ideal, um den Kopf frei zu bekommen. Gut eine Stunde nach der Abfahrt bin ich in Österreich und blubbere gemütlich am Achensee lang. Meine Devise für die Tour: Kein Stress, wenn es nicht sein muss. Und wer die Achenseestraße kennt, weiß, dass dort gern kassiert wird.
Weiter geht die Fahrt, ins Zillertal hinein. Das Wetter ist recht grau, und so fällt es noch mehr ins Auge: Wenn es darum geht, eigentlich ganz schöne Alpentäler architektonisch zu verwüsten, sind die Österreicher im internationalen Vergleich ziemlich weit vorn. Bei Zell am Ziller bunkere ich noch mal Sprit, und dann geht es über den Gerlospass. Das Wetter reißt auf, und ich sehe: Die Österreicher haben nicht alle ihre Täler zugebaut. Bei Mittersill biege ich auf die Felbertauernstraße ein. Ich hätte auch geradeaus weiter fahren können und dann über den Großglockner fahren, aber ich will ja heute noch wohin - und außerdem finde ich die mehr als 20 Euro für das Großglockner-Ticket etwas heftig für eine Fahrt.
Rast an der Felbertauernstraße
20 Minuten später gönne ich mir die erste Pause an einem Rastplatz an der Felbertauernstraße, esse und trinke was, gebe ein Lebenszeichen nach hause ab und mache einen ersten technischen Check. Die Q hat doch etwas wenig Öl im Triebwerk, also gibt es einen Schubs aus der Flasche. Und ich mache noch etwas wichtiges: ich ziehe den Fleecepulli aus, den ich seit München unter der Jacke getragen habe - schön warm ist es geworden. Wie ich da so kontemplativ sitze, schmettert eine grazile Frau mit einer R1200GS vorbei. Sie gibt das Signal zum Aufbruch - ich will ja heute noch wohin.  
Nach dem Felbertauerntunnel treffe ich die Frau wieder. Wir stehen gemeinsam an einer Wechselampel und warten minutenlang auf grün, denn die Südrampe des Tunnels wird erneuert. Die Frau sagt: "Am Mittwoch soll's hier schneien..." 
Nun gut, ich habe Heidenau K60 mit M+S-Kennung drauf, aber die haben auch schon ihre zweite Saison hinter sich. Und Schnee in den Alpen, mit dem Motorrad? Ich beschließe das Thema im Auge zu behalten.
Aber erst einmal weiter: Die B108 wird flott gefahren, in Lienz geht es auf die (ebenfalls nicht so spannende) B100, die dem Drautal folgt. Bei Oberdrauburg biege ich in Richtung Plöckenpass auf die B110 ab, bei Kötschach-Mauthen gönne ich mir noch zehn Liter billigen Ösi-Sprit - in Italien kostet Eurosuper 1,80. Die Strecke bis zum Plöckenpass ist schon sehr nett, aber der eigentliche Pass liegt in Italien.  
Allein am Plöckenpass
Die Luft ist dunstig, als ich den Plöckenpass runtertuckere. Die Straße ist nicht die Beste, meine Reifen sind es auch nicht, außerdem muss ich mich etwas vor den nassen Fichtennadeln in Acht nehmen, die an vielen Ecken liegen. Vorteil des Fahrens am Werktag: ich habe den Pass quasi für mich allein. Wer militärhistorisch interessiert ist, sollte sich allein für diese Gegend ein paar Tage Zeit nehmen. Denn hier tobten vor fast 100 Jahren erbitterte Schlachten, von denen heute noch verfallene Festungsbauten künden. Diese so friedliche Gegend war damals alles andere als friedlich.
Bis Udine geht meine Route auf dem Navi, da will ich mir ein Zimmer suchen. Doch zwischen Tolmezzo und Udine wird die Strada Statale 13 verdammt öde. Außerdem: Was will ich um vier Uhr nachmittags schon im Hotel?  Irgendwo, 40 Kilometer vor Udine, erscheint ein Wegweiser: Slovenia 30 km. Okay, hört sich gut an. Zehn Kilometer später weiß ich nicht mehr weiter und programmiere in einem heruntergerittenen italienischen Kaff mein Navi neu. Ich weiß zwar nicht genau, wo ich bin, aber Tolmin liegt eindeutig in Slowenien, und da fahren wir jetzt einfach mal hin.
Kaum habe ich die italienische Grenze hinter mir, wird es eindrucksvoll. Die Straße schlängelt sich durch bewaldete Täler, man kommt sich vor wie vor 50 Jahren. Ewig sieht man kein anderes Auto - ich ertappe mich dabei, mir Sorgen zum machen, was eigentlich ist, wenn ich eine Panne haben sollte. Bei Kobarid treffe ich auf eine größere, doch nicht minder eindrucksvolle Straße. Die Landstraße 102 folgt dem Bett der Soca. Das Wetter ist - objektiv betrachtet - suboptimal, denn es ist immer kurz vorm Regnen, der Nebel hängt gefühlte 50 Meter über mir. Auch auf der Soca stehen die Nebelschwaden - und ich pfeile im kleinen, klaren Bereich zwischendurch. Das sieht unglaublich aus. Ich sollte anhalten und Fotos machen, doch es wird immer später, und ewig hell ist es um diese Jahreszeit ja auch nicht mehr.
Tolmin erweist sich als hässliches Kaff, das nicht den Eindruck erweckt, mir eine Herberge bieten zu können. Also weiter in Richtung Süden auf der Landstraße 103, die in weiten Schwüngen durch eine bezaubernde Landschaft führt - von der ich nur immer weniger sehe, weil es jetzt langsam mächtig schattig wird. Schließlich komme ich in der Dämmerung in Nova Gorica an, einer Stadt, die von der italienisch-slowenischen Grenze in zwei Teile geteilt wird und im Westen Gorizia heißt. Hier wird jetzt übernachtet, komme was da wolle. Ein Hotelzimmer mit Möglichkeit mein Motorrad unterzustellen brauche ich, erkläre ich der netten Dame in der Tourist Information. Sie empfiehlt das Park Casino und Hotel. Das sei gleich um die Ecke, aber ein Viersterne-Haus und deshalb teuer.
Edel geht die Welt zugrunde: Casino
Neu und nicht so schön: Nova Gorica
62 Euro soll das Zimmer kosten - je nun, man gönnt sich ja sonst nix. Der Eingang macht schon mal eine Menge her. Wo ich denn mein Motorrad parken könne, frage ich einen der Bediensteten am Eingang. Na, gleich hier, bedeutet er mir. Er wird die ganze Nacht darauf aufpassen. Nach dem Einchecken finde ich das (kostenlose) Hotel-WLAN, telefoniere mit zuhause, schicke ein paar Bilder vom Tage, dann ab unter die Dusche und stadtfein gemacht. Ob das wirklich nötig war, frage ich mich anschließend bei einem Gang durch die Innenstadt, die überaus öde wirkt. Mich quält allerdings noch ein ganz anderes Problem: Ich laufe an einer Bar nach der anderen vorbei, doch wo gibt es hier etwas zu essen? Schließlich finde ich eine Pizzeria - und gebe mir eine Wagenrad-große Pizza des Hauses für vertretbare acht Euro.
Was mir schon aufgefallen ist, als ich das letzte mal in dieser Ecke war: In Südtirol spricht quasi jeder neben italienisch auch deutsch. Hundert Kilometer weiter östlich, egal ob in Friaul oder eben in Westslowenien, spricht kaum noch einer deutsch, aber alle können etwas englisch. Zurück ins Hotel, das im Erdgeschoss ein Spielcasino ist. Hier werde ich heute Nacht gut schlafen. Denn Waffen sind verboten. Da bin ich beruhigt. 
Am nächsten Tag geht es weiter. Erst ein kleiner Check: Mit dem mitgebrachten Kompressor pumpe ich vor dem Hotel die Reifen etwas auf, hätte ich auch zuhause machen können, ich weiß. Einer von den Wachleuten zeigt mir seine Suzuki GSX 1100F, auf die er mächtig stolz ist. Seine wäre schon 20 Jahre alt, nicht so neu wie meine GS. Als ich ihm erzähle, dass die auch schon 16 ist, kommt er aus dem Staunen nicht mehr raus. Das Wetter hat sich nicht zum Guten gewendet, es ist neblig trüb und die Straßen sind nass. Ich fahre wieder nach Italien rüber und dann an der SS14 entlang, das ist die Strada Costiera: 15 wunderbare Kilometer direkt am Meer bis nach Triest. Wir sind am Mittelmeer, meine Q und ich. Mission accomplished.
Nicht schön aber bezahlbar: Plakette
Mein nächstes Ziel heißt Kroatien. Von Triest nach Umag in Istrien sind es keine 60 Kilometer. Das Wetter hat ein bisschen aufgezogen, vereinzelt ist sogar blauer Himmel zu sehen. Die Strecke über Koper und an der kurzen slowenischen Mittelmeerküste entlang bin ich immer nur mit dem Auto gefahren, mit dem Motorrad ist es eine Premiere. Dann eine Überraschung: in Slowenien muss man nicht nur auf Autobahnen eine Mautplakette haben, sondern auch auf Schnellstraßen wie der H5 - und auf der finde ich mich wieder, als ich bei Skofije die Grenze quere. Ein paar Kilometer fahre ich als Mautpreller über die H5, dann halte ich an einer Tankstelle und kaufe mir eine Plakette. Für Motorräder kostet sie 7,50 Euro für eine Woche - erwischt werden ist teurer. Obwohl Kroatien seit zwei Jahren EU-Mitglied ist, gibt es zwischen Slowenien und Kroatien immer noch eine Grenzkontrolle, denn Kroatien gehört noch nicht dem Schengen-Raum an. Dennoch, eins hat sich geändert: Jetzt sitzen die slowenischen und die kroatischen Grenzer gemeinsam in einer Kabine. 
In Umag am Hafen
20 Minuten nach dem Grenzübertritt stehe ich mit meiner GS in Umag am Hafen - und bekomme anerkennende Worte von deutschen Bustouristen zu hören, die die Promenade entlangschlurfen. Von München nach Umag, bei dem Wetter... Ein Anruf zuhause bringt das Thema Wetter erneut auf die Tagesordnung. Die Göttergattin berichtet von einem apokalyptischen Gewitter, einem heftigen Temperatursturz und ganz und gar furchtbarem Mistwetter daheim. Was hatte die GS-Fahrerin am Felbertauern gesagt: Am Mittwoch soll's hier schneien. Im selben Moment fängt es in Umag zu regnen an, und ich beerdige meinen Plan, den ganzen Tag in Istrien herumzugurken. Ich überlege, nach Slowenien zurückzufahren, denn von Pula nach München sind es 600 Kilometer, das ist eine Mördertour, sogar dann, wenn das Wetter mitspielt und man die ganze Zeit Autobahn fährt. Von Istrien aus gibt es nur wenige Wege nach Slowenien, einer ist die Strecke über Koper, die ich gerade gefahren bin, die andere ist die Strecke von Opatija nach Postojna.
Nobel, nobel: Opatija
Also erst einmal auf nach Opatija. Das ist ein sehr mondäner Küstenort 15 Kilometer westlich der Hafenstadt Rijeka. Der Weg dahin führt mich im Regen einmal quer durch Istrien. Ich kenne die Strecke, bin sie mit dem Auto schon öfter gefahren. Mit dem Motorrad wäre sie sicherlich schöner, wenn das Wetter besser wäre. Als ich in Opatija ankomme, reißt das Wetter auf. Es ist nicht direkt heiß, aber ich sitze ohne Jacke in einem Straßencafé und mache Pause. Doch allzu lang mag ich mich nicht aufhalten, irgendwie nagt die Sache mit dem Schnee in den Bergen an mir. Dennoch, Opatija ist irgendwie charmant. Vielleicht nicht ganz das Richtige für einen nassen Biker, aber das nächste mal mit der Frau...  
Die Strecke zwischen Opatija in Kroatien und Postojna in Slowenien ist mir mit dem Auto als sehr lästig in Erinnerung. Ewig gurkt man da mit Tempo 70 in der Kolonne hinter irgendwelchen holländischen Wohnmobilen oder rachitischen Ostblock-Lkw entlang und wartet darauf, dass man auf die Autobahn kann. Mit dem Motorrad und außerhalb der Saison ist das auf einmal völlig anders. Der sonst so nervige Ziehweg erweist sich plötzlich als angenehm kurvige Landstraße, auf der man entspannt und flott entlangsurfen kann.
Flugzeuge im Hof
Tat einst an der Adria Dienst: U-Boot
In Pivka mache ich Halt. Dort war zu Zeiten der Volksrepublik Jugoslawien eine Garnison der jugoslawischen Streitkräfte. Jetzt entsteht dort ein großes Militärmuseum, das an die kriegerische Vergangenheit der Gegend erinnern soll, die den weiten Bogen von den früheren Jahrhunderten über en ersten Weltkrieg bis hin zum Kalten Krieg zieht. Das ganze wird vom slowenischen Staat finanziert und soll irgendwann einmal einen Rundweg von über elf Kilometer Länge umfassen. Schon jetzt gibt es ein Museum und einen Armee-Shop, beides ist bei meinem Besuch geschlossen. Doch zwischen den Kasernengebäuden stehen Flugzeuge, Panzer und sogar ein U-Boot herum. Wusstet ihr, dass die jugoslawische Luftwaffe über 200 Jagdbomber aus US-anerikanischer Produktion hatte?
Bei Postojna fahre ich auf die Autobahn Richtung Ljubljana. Noch 50 Kilometer, und ich bin in der slowenischen Hauptstadt. Andererseits: Was soll ich da? Erst im Sommer war ich mit meiner Frau dort gewesen und hatte frustriert zur Kennnis genommen, wie die an sich putzige Altstadt immer mehr vertouristet. Und außerdem: Wenn ich jetzt so weiter mache, dann bin ich ja gleich in Österreich. Also fahre ich wieder runter von der Autobahn und treffe in Vrhnika eine goldrichtige Entscheidung: Ich will nach Jesenice, das ist die letzte größere Stadt vor dem Karawankentunnel im Norden. Da muss ich morgen irgendwo über die Berge, wenn ich noch heim kommen will. Über Autobahn wäre ich in zwei Stunden dort, aber ich gebe in mein Navi ein, dass ich über Idrija und Tolmin fahren möchte, Routenoption "Autobahnen vermeiden". 180 Kilometer soll die Route lang sein - und abends um sechs soll ich da sein. Also los.
Was dann folgt, ist Endurowandern vom Feinsten: Das Navi führt mich über die verschlungensten Pfade durch Nordwestslowenien. Das Wetter ist gut, und eigentlich geht fast alles im Dritten. Sogar ein paar Schotterpassagen sind dabei, weil auf einer an sich schnell zu fahrenden Durchgangsstraße hintereinander sechs lange Baustellen mit Wechselampeln sind. Eine tolle Fahrt, aber es wird immer später. Am Schluss fängt es auch noch das Regnen an, und schattig wird es auch. Außerdem mache ich Bekanntschaft mit dem einzigen technischen Defekt der Reise: das Navi hat einen Wackelkontakt und wird nicht mehr geladen. Ich habe zwar eine Karte dabei, und auch auf meinem Handy hätte ich zur Not ein Navi, aber mitten im Wald, wo nur alle 20 Kilometer ein Wegweiser kommt (auf dem Orte stehen, die ich nicht kenne), frage ich mich, wie weit es denn wohl noch ist.
Lecker: Schnitzen und Bier
Kurz vor sechs Uhr abends komme ich in Nemski Rovt an, einem kleinen, verschlafenen Ortsteil des nicht viel größeren und weniger verschlafenen Kleinstädtchens Bohinjska Bistrica. Dort fahre ich an einer Pension vorbei, die damit wirbt, dass es Zimmer gibt, man was essen kann und Motorradfahrer willkommen sind. Ob die noch auf haben, Ende Oktober? Sie haben, und eine Stunde später sitze ich frisch geduscht und umgezogen vor einem großen Wiener Schnitzel mit Pommes, das die Pensionswirtion extra für mich gebraten hat.
Drei Biere - lecker: slowenisches Union-Pils - später bin ich reif fürs Bett. In der Nacht tobt über uns ein Gewitter, das mich an der Fortsetzung der Reise zweifeln lässt.
Die Ruhe nach dem Sturm
Sieht schön aus, ist aber kalt
Als ich am nächsten Tag aus dem Fenster sehe, sieht alles friedlich aus - nur die Berge, die gestern noch grau waren, sind jetzt weiß. Ich schwinge mich, mit ein paar Insidertipps des Gatten der Pensionswirtin versorgt, auf die Q und fahre auf dem kürzesten Weg nach Jensenice. Das Problem mit dem Navi ist behoben, zwei Streifen Pappkarton zwischen Gehäuse und Halterung sorgen für den nötigen Anpressdruck auf die Kontakte. Kalt ist es geworden, deshalb habe ich gleich meinen Fllecepulli unter und meine Regenjacke über die Jacke gezogen, die Griffheizung bullert auf 50 Prozent.
Kurz vor Jesenice gelingt mir noch eine schöne Bergaufnahme, und dann schmeiße ich erneut meine Reiseplanung über den Haufen, Denn im Karawankentunnel wird gebaut, er wird immer wieder halbstundenweise gesperrt. Außerdem ist man danach sofort auf der österreichischen Autobahn, und eine Ösi-Vignette habe ich nicht (und will sie mir auch nicht kaufen). Doch der Herbergsvater hatte mir ohnehin empfohlen, ich solle über den Wurzenpass fahren, westlich vom Karawankentunnel. Also biege ich kurz vorm Tunnel von der Autobahn ab und folge dem Wegweiser Richtung Tarvisio. 20 Minuten später stehe ich am Wurzenpass - mitten im Schnee. Zum Glück sind die Straßen frei, aber trocken sind sie nicht. Kaum habe ich die Grenze nach Österreich überfahren, fahre ich ins Nichts: Die Straße geht mit 15 Prozent Gefälle bergab und Nebel beschert mir eine Sicht von vielleicht zehn Metern. Na super.
Wurzenpass im Schnee
Ein paar Kilometer weiter bin ich unterhalb der Schneegrenze und auch das Wetter wird wieder besser. Doch ab jetzt macht sich eine gewisse Eintönigkeit breit, Ich staue mich durch die bemerkenswert hässlichen Städte Villach und Spittal und fahre wieder die Drau-Bundesstraße entlang, die ich am Montag schon unter den Rädern hatte. Um eine Spende an die österreichischen Polizeibehörden zu vermeiden, heißt es in jeder der ungefähr fünfzig Tempo-70-Beschränkungen brav das Tempo senken, denn irgendwo steht immer ein Blitzer. dazu kommt ein ziemlich fieser Sturm von vorn. Als ich bei Lienz auf die Felbertauernstraße abbiege, fängt es auch noch zu regnen an, etwas weiter oben geht der Regen dann in Schnee über. Die Griffheizung läuft längst auf 100 Prozent, 150 Prozent würde ich auch nehmen.
Super Motorrad-Wetter, oder?
Als ich an der Stelle an der Wechselampel stehe, an der mir zwei Tage zuvor die GS-Fahrerin Schneefall angekündigt hatte, fängt mein Pinlock-Visier zu beschlagen an. Na super. Ein Warnschild hat vorher schon von Schneeverwehungen gekündet, und tatsächlich hat meine Q bei der Bergauffahrt zur Tunneleinfahrt kurzfristig mit der Traktion zu kämpfen. Aber ich denke mir: "Wie paaren sich die Stachelscheine? Gaanz vorsichtig!" und fahre einfach wie auf rohen Eiern die Zufahrt hoch. Der blöde Audi-Fahrer hinter mir muss sich an der Mautstelle dann noch etwas mehr in Geduld üben, denn bis ich mich so weit ausgepackt habe, dass ich mit klammen Fingern den Zehner rüberreichen kann - und bis ich anschließend wieder so weit verstaut bin, dass es weiter geht, vergeht seine Zeit. Was fährt der blöde Typ auch im Winter über den Felbertauern?
Weißes Zeugs überall
Zehn Kilometer später stehe ich wieder dort, wo ich zwei Tage vorher bei schönstem Sonnenschein Rast gemacht hatte. Ich mache mein letztes Foto auf dieser Tour. Jetzt heißt es nur noch Augen zu und durch. Bis nach München wird es durchregnen, und mehr als fünf Grad wird es nicht mehr werden. Bei solch einem Wetter ist mir die Autobahn zu heftig, zumal immer noch ein brutaler Wind geht. Zwei Stunden später bin ich zuhause - und nach einer heißen Dusche bin ich auch wieder ansprechbar.
Fazit: Geile Tour. Wetter hätte besser sein können. Aber irgendwas ist ja immer.