Donnerstag, 23. Oktober 2014

Einmal Balkan und zurück

Ein paar Tage Resturlaub, Frau hat keine Zeit, also aufs Mopped und los. Hat die Q eigentlich schon mal das Meer gesehen? Solange ich sie habe nicht, also auf in den Süden. Das Wochenende in München war traumhaft, in den Tagen darauf soll das Wetter nachlassen. Andererseits: Was die im Wetterbericht immer so sagen...
Am Montagmorgen piept der Wecker um 06:20 Uhr. Um 07:28 Uhr geht um diese Jahreszeit die Sonne auf, dann will ich auf dem Bock sitzen. Mein Gepäck habe ich schon am Vortag in die Koffer gepackt. Ölstand? Luftdruck? Bloß nicht überorganisieren, wird schon passen. Durch ätzenden Berufsverkehr in Richtung Süden auf die A95 in Richtung Garmisch gestaut, dann weiter auf der Autobahn bis zur Abfahrt Wolfratshausen, dort runter, über Beuerberg und Königsdorf nach Bad Tölz, von dort auf die B13 in Richtung Achensee. Eine Routine-Strecke, aber ideal, um den Kopf frei zu bekommen. Gut eine Stunde nach der Abfahrt bin ich in Österreich und blubbere gemütlich am Achensee lang. Meine Devise für die Tour: Kein Stress, wenn es nicht sein muss. Und wer die Achenseestraße kennt, weiß, dass dort gern kassiert wird.
Weiter geht die Fahrt, ins Zillertal hinein. Das Wetter ist recht grau, und so fällt es noch mehr ins Auge: Wenn es darum geht, eigentlich ganz schöne Alpentäler architektonisch zu verwüsten, sind die Österreicher im internationalen Vergleich ziemlich weit vorn. Bei Zell am Ziller bunkere ich noch mal Sprit, und dann geht es über den Gerlospass. Das Wetter reißt auf, und ich sehe: Die Österreicher haben nicht alle ihre Täler zugebaut. Bei Mittersill biege ich auf die Felbertauernstraße ein. Ich hätte auch geradeaus weiter fahren können und dann über den Großglockner fahren, aber ich will ja heute noch wohin - und außerdem finde ich die mehr als 20 Euro für das Großglockner-Ticket etwas heftig für eine Fahrt.
Rast an der Felbertauernstraße
20 Minuten später gönne ich mir die erste Pause an einem Rastplatz an der Felbertauernstraße, esse und trinke was, gebe ein Lebenszeichen nach hause ab und mache einen ersten technischen Check. Die Q hat doch etwas wenig Öl im Triebwerk, also gibt es einen Schubs aus der Flasche. Und ich mache noch etwas wichtiges: ich ziehe den Fleecepulli aus, den ich seit München unter der Jacke getragen habe - schön warm ist es geworden. Wie ich da so kontemplativ sitze, schmettert eine grazile Frau mit einer R1200GS vorbei. Sie gibt das Signal zum Aufbruch - ich will ja heute noch wohin.  
Nach dem Felbertauerntunnel treffe ich die Frau wieder. Wir stehen gemeinsam an einer Wechselampel und warten minutenlang auf grün, denn die Südrampe des Tunnels wird erneuert. Die Frau sagt: "Am Mittwoch soll's hier schneien..." 
Nun gut, ich habe Heidenau K60 mit M+S-Kennung drauf, aber die haben auch schon ihre zweite Saison hinter sich. Und Schnee in den Alpen, mit dem Motorrad? Ich beschließe das Thema im Auge zu behalten.
Aber erst einmal weiter: Die B108 wird flott gefahren, in Lienz geht es auf die (ebenfalls nicht so spannende) B100, die dem Drautal folgt. Bei Oberdrauburg biege ich in Richtung Plöckenpass auf die B110 ab, bei Kötschach-Mauthen gönne ich mir noch zehn Liter billigen Ösi-Sprit - in Italien kostet Eurosuper 1,80. Die Strecke bis zum Plöckenpass ist schon sehr nett, aber der eigentliche Pass liegt in Italien.  
Allein am Plöckenpass
Die Luft ist dunstig, als ich den Plöckenpass runtertuckere. Die Straße ist nicht die Beste, meine Reifen sind es auch nicht, außerdem muss ich mich etwas vor den nassen Fichtennadeln in Acht nehmen, die an vielen Ecken liegen. Vorteil des Fahrens am Werktag: ich habe den Pass quasi für mich allein. Wer militärhistorisch interessiert ist, sollte sich allein für diese Gegend ein paar Tage Zeit nehmen. Denn hier tobten vor fast 100 Jahren erbitterte Schlachten, von denen heute noch verfallene Festungsbauten künden. Diese so friedliche Gegend war damals alles andere als friedlich.
Bis Udine geht meine Route auf dem Navi, da will ich mir ein Zimmer suchen. Doch zwischen Tolmezzo und Udine wird die Strada Statale 13 verdammt öde. Außerdem: Was will ich um vier Uhr nachmittags schon im Hotel?  Irgendwo, 40 Kilometer vor Udine, erscheint ein Wegweiser: Slovenia 30 km. Okay, hört sich gut an. Zehn Kilometer später weiß ich nicht mehr weiter und programmiere in einem heruntergerittenen italienischen Kaff mein Navi neu. Ich weiß zwar nicht genau, wo ich bin, aber Tolmin liegt eindeutig in Slowenien, und da fahren wir jetzt einfach mal hin.
Kaum habe ich die italienische Grenze hinter mir, wird es eindrucksvoll. Die Straße schlängelt sich durch bewaldete Täler, man kommt sich vor wie vor 50 Jahren. Ewig sieht man kein anderes Auto - ich ertappe mich dabei, mir Sorgen zum machen, was eigentlich ist, wenn ich eine Panne haben sollte. Bei Kobarid treffe ich auf eine größere, doch nicht minder eindrucksvolle Straße. Die Landstraße 102 folgt dem Bett der Soca. Das Wetter ist - objektiv betrachtet - suboptimal, denn es ist immer kurz vorm Regnen, der Nebel hängt gefühlte 50 Meter über mir. Auch auf der Soca stehen die Nebelschwaden - und ich pfeile im kleinen, klaren Bereich zwischendurch. Das sieht unglaublich aus. Ich sollte anhalten und Fotos machen, doch es wird immer später, und ewig hell ist es um diese Jahreszeit ja auch nicht mehr.
Tolmin erweist sich als hässliches Kaff, das nicht den Eindruck erweckt, mir eine Herberge bieten zu können. Also weiter in Richtung Süden auf der Landstraße 103, die in weiten Schwüngen durch eine bezaubernde Landschaft führt - von der ich nur immer weniger sehe, weil es jetzt langsam mächtig schattig wird. Schließlich komme ich in der Dämmerung in Nova Gorica an, einer Stadt, die von der italienisch-slowenischen Grenze in zwei Teile geteilt wird und im Westen Gorizia heißt. Hier wird jetzt übernachtet, komme was da wolle. Ein Hotelzimmer mit Möglichkeit mein Motorrad unterzustellen brauche ich, erkläre ich der netten Dame in der Tourist Information. Sie empfiehlt das Park Casino und Hotel. Das sei gleich um die Ecke, aber ein Viersterne-Haus und deshalb teuer.
Edel geht die Welt zugrunde: Casino
Neu und nicht so schön: Nova Gorica
62 Euro soll das Zimmer kosten - je nun, man gönnt sich ja sonst nix. Der Eingang macht schon mal eine Menge her. Wo ich denn mein Motorrad parken könne, frage ich einen der Bediensteten am Eingang. Na, gleich hier, bedeutet er mir. Er wird die ganze Nacht darauf aufpassen. Nach dem Einchecken finde ich das (kostenlose) Hotel-WLAN, telefoniere mit zuhause, schicke ein paar Bilder vom Tage, dann ab unter die Dusche und stadtfein gemacht. Ob das wirklich nötig war, frage ich mich anschließend bei einem Gang durch die Innenstadt, die überaus öde wirkt. Mich quält allerdings noch ein ganz anderes Problem: Ich laufe an einer Bar nach der anderen vorbei, doch wo gibt es hier etwas zu essen? Schließlich finde ich eine Pizzeria - und gebe mir eine Wagenrad-große Pizza des Hauses für vertretbare acht Euro.
Was mir schon aufgefallen ist, als ich das letzte mal in dieser Ecke war: In Südtirol spricht quasi jeder neben italienisch auch deutsch. Hundert Kilometer weiter östlich, egal ob in Friaul oder eben in Westslowenien, spricht kaum noch einer deutsch, aber alle können etwas englisch. Zurück ins Hotel, das im Erdgeschoss ein Spielcasino ist. Hier werde ich heute Nacht gut schlafen. Denn Waffen sind verboten. Da bin ich beruhigt. 
Am nächsten Tag geht es weiter. Erst ein kleiner Check: Mit dem mitgebrachten Kompressor pumpe ich vor dem Hotel die Reifen etwas auf, hätte ich auch zuhause machen können, ich weiß. Einer von den Wachleuten zeigt mir seine Suzuki GSX 1100F, auf die er mächtig stolz ist. Seine wäre schon 20 Jahre alt, nicht so neu wie meine GS. Als ich ihm erzähle, dass die auch schon 16 ist, kommt er aus dem Staunen nicht mehr raus. Das Wetter hat sich nicht zum Guten gewendet, es ist neblig trüb und die Straßen sind nass. Ich fahre wieder nach Italien rüber und dann an der SS14 entlang, das ist die Strada Costiera: 15 wunderbare Kilometer direkt am Meer bis nach Triest. Wir sind am Mittelmeer, meine Q und ich. Mission accomplished.
Nicht schön aber bezahlbar: Plakette
Mein nächstes Ziel heißt Kroatien. Von Triest nach Umag in Istrien sind es keine 60 Kilometer. Das Wetter hat ein bisschen aufgezogen, vereinzelt ist sogar blauer Himmel zu sehen. Die Strecke über Koper und an der kurzen slowenischen Mittelmeerküste entlang bin ich immer nur mit dem Auto gefahren, mit dem Motorrad ist es eine Premiere. Dann eine Überraschung: in Slowenien muss man nicht nur auf Autobahnen eine Mautplakette haben, sondern auch auf Schnellstraßen wie der H5 - und auf der finde ich mich wieder, als ich bei Skofije die Grenze quere. Ein paar Kilometer fahre ich als Mautpreller über die H5, dann halte ich an einer Tankstelle und kaufe mir eine Plakette. Für Motorräder kostet sie 7,50 Euro für eine Woche - erwischt werden ist teurer. Obwohl Kroatien seit zwei Jahren EU-Mitglied ist, gibt es zwischen Slowenien und Kroatien immer noch eine Grenzkontrolle, denn Kroatien gehört noch nicht dem Schengen-Raum an. Dennoch, eins hat sich geändert: Jetzt sitzen die slowenischen und die kroatischen Grenzer gemeinsam in einer Kabine. 
In Umag am Hafen
20 Minuten nach dem Grenzübertritt stehe ich mit meiner GS in Umag am Hafen - und bekomme anerkennende Worte von deutschen Bustouristen zu hören, die die Promenade entlangschlurfen. Von München nach Umag, bei dem Wetter... Ein Anruf zuhause bringt das Thema Wetter erneut auf die Tagesordnung. Die Göttergattin berichtet von einem apokalyptischen Gewitter, einem heftigen Temperatursturz und ganz und gar furchtbarem Mistwetter daheim. Was hatte die GS-Fahrerin am Felbertauern gesagt: Am Mittwoch soll's hier schneien. Im selben Moment fängt es in Umag zu regnen an, und ich beerdige meinen Plan, den ganzen Tag in Istrien herumzugurken. Ich überlege, nach Slowenien zurückzufahren, denn von Pula nach München sind es 600 Kilometer, das ist eine Mördertour, sogar dann, wenn das Wetter mitspielt und man die ganze Zeit Autobahn fährt. Von Istrien aus gibt es nur wenige Wege nach Slowenien, einer ist die Strecke über Koper, die ich gerade gefahren bin, die andere ist die Strecke von Opatija nach Postojna.
Nobel, nobel: Opatija
Also erst einmal auf nach Opatija. Das ist ein sehr mondäner Küstenort 15 Kilometer westlich der Hafenstadt Rijeka. Der Weg dahin führt mich im Regen einmal quer durch Istrien. Ich kenne die Strecke, bin sie mit dem Auto schon öfter gefahren. Mit dem Motorrad wäre sie sicherlich schöner, wenn das Wetter besser wäre. Als ich in Opatija ankomme, reißt das Wetter auf. Es ist nicht direkt heiß, aber ich sitze ohne Jacke in einem Straßencafé und mache Pause. Doch allzu lang mag ich mich nicht aufhalten, irgendwie nagt die Sache mit dem Schnee in den Bergen an mir. Dennoch, Opatija ist irgendwie charmant. Vielleicht nicht ganz das Richtige für einen nassen Biker, aber das nächste mal mit der Frau...  
Die Strecke zwischen Opatija in Kroatien und Postojna in Slowenien ist mir mit dem Auto als sehr lästig in Erinnerung. Ewig gurkt man da mit Tempo 70 in der Kolonne hinter irgendwelchen holländischen Wohnmobilen oder rachitischen Ostblock-Lkw entlang und wartet darauf, dass man auf die Autobahn kann. Mit dem Motorrad und außerhalb der Saison ist das auf einmal völlig anders. Der sonst so nervige Ziehweg erweist sich plötzlich als angenehm kurvige Landstraße, auf der man entspannt und flott entlangsurfen kann.
Flugzeuge im Hof
Tat einst an der Adria Dienst: U-Boot
In Pivka mache ich Halt. Dort war zu Zeiten der Volksrepublik Jugoslawien eine Garnison der jugoslawischen Streitkräfte. Jetzt entsteht dort ein großes Militärmuseum, das an die kriegerische Vergangenheit der Gegend erinnern soll, die den weiten Bogen von den früheren Jahrhunderten über en ersten Weltkrieg bis hin zum Kalten Krieg zieht. Das ganze wird vom slowenischen Staat finanziert und soll irgendwann einmal einen Rundweg von über elf Kilometer Länge umfassen. Schon jetzt gibt es ein Museum und einen Armee-Shop, beides ist bei meinem Besuch geschlossen. Doch zwischen den Kasernengebäuden stehen Flugzeuge, Panzer und sogar ein U-Boot herum. Wusstet ihr, dass die jugoslawische Luftwaffe über 200 Jagdbomber aus US-anerikanischer Produktion hatte?
Bei Postojna fahre ich auf die Autobahn Richtung Ljubljana. Noch 50 Kilometer, und ich bin in der slowenischen Hauptstadt. Andererseits: Was soll ich da? Erst im Sommer war ich mit meiner Frau dort gewesen und hatte frustriert zur Kennnis genommen, wie die an sich putzige Altstadt immer mehr vertouristet. Und außerdem: Wenn ich jetzt so weiter mache, dann bin ich ja gleich in Österreich. Also fahre ich wieder runter von der Autobahn und treffe in Vrhnika eine goldrichtige Entscheidung: Ich will nach Jesenice, das ist die letzte größere Stadt vor dem Karawankentunnel im Norden. Da muss ich morgen irgendwo über die Berge, wenn ich noch heim kommen will. Über Autobahn wäre ich in zwei Stunden dort, aber ich gebe in mein Navi ein, dass ich über Idrija und Tolmin fahren möchte, Routenoption "Autobahnen vermeiden". 180 Kilometer soll die Route lang sein - und abends um sechs soll ich da sein. Also los.
Was dann folgt, ist Endurowandern vom Feinsten: Das Navi führt mich über die verschlungensten Pfade durch Nordwestslowenien. Das Wetter ist gut, und eigentlich geht fast alles im Dritten. Sogar ein paar Schotterpassagen sind dabei, weil auf einer an sich schnell zu fahrenden Durchgangsstraße hintereinander sechs lange Baustellen mit Wechselampeln sind. Eine tolle Fahrt, aber es wird immer später. Am Schluss fängt es auch noch das Regnen an, und schattig wird es auch. Außerdem mache ich Bekanntschaft mit dem einzigen technischen Defekt der Reise: das Navi hat einen Wackelkontakt und wird nicht mehr geladen. Ich habe zwar eine Karte dabei, und auch auf meinem Handy hätte ich zur Not ein Navi, aber mitten im Wald, wo nur alle 20 Kilometer ein Wegweiser kommt (auf dem Orte stehen, die ich nicht kenne), frage ich mich, wie weit es denn wohl noch ist.
Lecker: Schnitzen und Bier
Kurz vor sechs Uhr abends komme ich in Nemski Rovt an, einem kleinen, verschlafenen Ortsteil des nicht viel größeren und weniger verschlafenen Kleinstädtchens Bohinjska Bistrica. Dort fahre ich an einer Pension vorbei, die damit wirbt, dass es Zimmer gibt, man was essen kann und Motorradfahrer willkommen sind. Ob die noch auf haben, Ende Oktober? Sie haben, und eine Stunde später sitze ich frisch geduscht und umgezogen vor einem großen Wiener Schnitzel mit Pommes, das die Pensionswirtion extra für mich gebraten hat.
Drei Biere - lecker: slowenisches Union-Pils - später bin ich reif fürs Bett. In der Nacht tobt über uns ein Gewitter, das mich an der Fortsetzung der Reise zweifeln lässt.
Die Ruhe nach dem Sturm
Sieht schön aus, ist aber kalt
Als ich am nächsten Tag aus dem Fenster sehe, sieht alles friedlich aus - nur die Berge, die gestern noch grau waren, sind jetzt weiß. Ich schwinge mich, mit ein paar Insidertipps des Gatten der Pensionswirtin versorgt, auf die Q und fahre auf dem kürzesten Weg nach Jensenice. Das Problem mit dem Navi ist behoben, zwei Streifen Pappkarton zwischen Gehäuse und Halterung sorgen für den nötigen Anpressdruck auf die Kontakte. Kalt ist es geworden, deshalb habe ich gleich meinen Fllecepulli unter und meine Regenjacke über die Jacke gezogen, die Griffheizung bullert auf 50 Prozent.
Kurz vor Jesenice gelingt mir noch eine schöne Bergaufnahme, und dann schmeiße ich erneut meine Reiseplanung über den Haufen, Denn im Karawankentunnel wird gebaut, er wird immer wieder halbstundenweise gesperrt. Außerdem ist man danach sofort auf der österreichischen Autobahn, und eine Ösi-Vignette habe ich nicht (und will sie mir auch nicht kaufen). Doch der Herbergsvater hatte mir ohnehin empfohlen, ich solle über den Wurzenpass fahren, westlich vom Karawankentunnel. Also biege ich kurz vorm Tunnel von der Autobahn ab und folge dem Wegweiser Richtung Tarvisio. 20 Minuten später stehe ich am Wurzenpass - mitten im Schnee. Zum Glück sind die Straßen frei, aber trocken sind sie nicht. Kaum habe ich die Grenze nach Österreich überfahren, fahre ich ins Nichts: Die Straße geht mit 15 Prozent Gefälle bergab und Nebel beschert mir eine Sicht von vielleicht zehn Metern. Na super.
Wurzenpass im Schnee
Ein paar Kilometer weiter bin ich unterhalb der Schneegrenze und auch das Wetter wird wieder besser. Doch ab jetzt macht sich eine gewisse Eintönigkeit breit, Ich staue mich durch die bemerkenswert hässlichen Städte Villach und Spittal und fahre wieder die Drau-Bundesstraße entlang, die ich am Montag schon unter den Rädern hatte. Um eine Spende an die österreichischen Polizeibehörden zu vermeiden, heißt es in jeder der ungefähr fünfzig Tempo-70-Beschränkungen brav das Tempo senken, denn irgendwo steht immer ein Blitzer. dazu kommt ein ziemlich fieser Sturm von vorn. Als ich bei Lienz auf die Felbertauernstraße abbiege, fängt es auch noch zu regnen an, etwas weiter oben geht der Regen dann in Schnee über. Die Griffheizung läuft längst auf 100 Prozent, 150 Prozent würde ich auch nehmen.
Super Motorrad-Wetter, oder?
Als ich an der Stelle an der Wechselampel stehe, an der mir zwei Tage zuvor die GS-Fahrerin Schneefall angekündigt hatte, fängt mein Pinlock-Visier zu beschlagen an. Na super. Ein Warnschild hat vorher schon von Schneeverwehungen gekündet, und tatsächlich hat meine Q bei der Bergauffahrt zur Tunneleinfahrt kurzfristig mit der Traktion zu kämpfen. Aber ich denke mir: "Wie paaren sich die Stachelscheine? Gaanz vorsichtig!" und fahre einfach wie auf rohen Eiern die Zufahrt hoch. Der blöde Audi-Fahrer hinter mir muss sich an der Mautstelle dann noch etwas mehr in Geduld üben, denn bis ich mich so weit ausgepackt habe, dass ich mit klammen Fingern den Zehner rüberreichen kann - und bis ich anschließend wieder so weit verstaut bin, dass es weiter geht, vergeht seine Zeit. Was fährt der blöde Typ auch im Winter über den Felbertauern?
Weißes Zeugs überall
Zehn Kilometer später stehe ich wieder dort, wo ich zwei Tage vorher bei schönstem Sonnenschein Rast gemacht hatte. Ich mache mein letztes Foto auf dieser Tour. Jetzt heißt es nur noch Augen zu und durch. Bis nach München wird es durchregnen, und mehr als fünf Grad wird es nicht mehr werden. Bei solch einem Wetter ist mir die Autobahn zu heftig, zumal immer noch ein brutaler Wind geht. Zwei Stunden später bin ich zuhause - und nach einer heißen Dusche bin ich auch wieder ansprechbar.
Fazit: Geile Tour. Wetter hätte besser sein können. Aber irgendwas ist ja immer.












Dienstag, 30. September 2014

Kann eine Uhr smart sein?


Ich habe rund ein halbes Dutzend Uhren in meinem Nachtkasten, die meisten davon mit Automatikwerk und klassisch anzusehen. Die hier ist neu: eine Sony Smartwatch 2, abgekürzt SW2. Die Uhr gehört zur zweiten Generation der so genannten Smartwatches, also der schlauen Uhren.
Spätestens seit der Vorstellung der Apple Watch Mitte September sind Smartwatches das große Diskussionsthema. Trendforscher halten sie gelegentlich für The Next Big Thing, Onlinemarketiers träumen davon, den Smartwatch-Besitzern Werbebotschaften aufs Handgelenk zu senden, während Rückwärtsgewandte die ewig gleiche Frage stellen: Wer braucht denn so was?
Ist natürlich irgendwie eine blöde Frage, denn eigentlich braucht niemand eine Armbanduhr. Überall kann man die Zeit ablesen, unten rechts auf dem Computermonitor zum Beispiel, am Armaturenbrett des Autos, auf dem Handy - meine Mutter hat in ihrer Küche sogar einen Herd und einen Mikrowellenofen, die beide eine eingebaute Uhr besitzen. 
Dennoch gibt es viele Menschen, die eine Armbanduhr tragen - und dabei durchaus Modelle wählen, die mehr anzeigen als die Uhrzeit. Die Mondphase etwa, oder eine gestoppte Rundenzeit. Selten wird jemand mit einer solchen Uhr gefragt, ob er Astronom sei oder regelmäßig Leichtatlethen trainiert. Was ist also so speziell an einer Smartwatch?
Die Sony SW2 ist, genau wie die meisten anderen derzeit am Markt befindlichen Smartwatches im Grunde ein Zubehör für ein Smartphone (daher vermutlich auf das "smart" im Namen). Genauer: Sie ist so etwas wie eine Fernbedienungseinheit. Der Anspruch: Die Smartwatch soll es bei möglichst vielen Gelegenheiten überflüssig machen, das Smartphone aus der Tasche zu ziehen - etwas, was in Gesellschaft zunehmend als unhöflich empfunden wird. In der Praxis geht das so: Auf dem Smartphone ist ein Termin im Kalender, eine Viertelstunde davor gibt das Phone ein Signal aus (das nicht gehört wird, weil das Phone in der Tasche steckt). Gleichzeitig vibriert die Smartwatch dezent und zeigt auf dem Display Informationen zum nahenden Termin an. Dasselbe geht mit Facebook- und Twitter-Tweets, mit neuen Mails im Gmail-Postfach und mit SMS. Der Gedanke dahinter: Der Nutzer muss nur noch dann auf sein Handy blicken, wenn er weiß, dass es dort auch etwas Wichtiges zu sehen gibt.
Um mitzubekommen, was das Handy meldet, ist die SW2 per Bluetooth mit dem Android-4-Smartphone verbunden. Darauf läuft eine App, die regelt, welche Infos an die Uhr weitergegeben werden. Dazu gibt es so genannte Extentions, mit denen man die Uhr um Funktionen erweitern kann. Und da sind die Entwickler durchaus kreativ. So schickt etwa die App Regenradar eine Textmeldung auf die Uhr, wenn in der Umgebung Schauer auftreten. Die Plus-Variante bietet sogar eine animierte Wetterkarte auf dem Uhrendisplay. Es gibt eine Extention, mit der man per Knopfdruck ein Tracking der Route starten kann, auf der man sich bewegt, eine andere Extention zeigt Geschwindigkeit, Richtung und zurückgelegte Strecke an. Man kann mit der Uhr Einstellungen des Smartphones wählen (zum Beispiel den Wireless Hotspot an- oder ausschalten), man kann die Musikwiedergabe steuern, Telefongespräche annehmen oder ablehnen - oder gar das Smartphone klingeln lassen, wenn man es verlegt hat. Das funktioniert nur so lange, wie die Uhr via Bluetooth mit dem Smartphone verbunden ist. 
Ohne Smartphone ist die Sony SW2 nicht so wahnsinnig smart: Sie zeigt die Zeit an, hat eine Stoppuhr, einen Wecker und einen Timer und einen Taschenrechner. Gar nicht blöd: Man kann das Display hell leuchten lassen und hat dann eine Taschenlampe, die immerhin dazu taugt, im Dunklen ein Schlüsselloch zu finden.
Stichwort "leuchten": Die Sony SW2 besitzt ein so genanntes transflexives Display, auf dem man auch dann etwas ablesen kann, wenn die Hintergrundbeleuchtung aus ist. Das Bild oben zeigt die Zeitanzeige im Normalzustand, ohne Beleuchtung. Dadurch hat die SW2 einen überschaubaren Stromverbrauch. sie muss bei moderater Nutzung der Extras alle vier bis sechs Tage für eine Stunde aufgeladen werden. Die Smartwatches der neuesten Generation, zum Beispiel die Motorola Moto 360, haben einen hochauflösenden Bildschirm, der jedoch immer - zumindest gedimmt - leuchtet. Dadurch hält der eingebaute Akku nur noch 36 Stunden - das Ladgerät muss also einen festen Platz auf dem Nachttisch neben dem Bett haben. Dafür erlauben neuere Smartwatches ein berührungsloses Laden über Induktion. Bei der Sony SW2 muss eine Abdeckkappe am Gehäuse geöffnet werden, damit das Micro-USB-Ladekabel Anschluss findet. Vorteil dieser rustikalen Lösung: Solch ein Kabel haben die meisten Android-Smartphone-Besitzer mehrfach in ihrem Haushalt. 
An Smartwatches scheiden sich die Geister. Wer nicht bereit ist, sich in die Bedienung und die Konfiguration der App einzufuchsen, der wird mit einer Smartwatch vermutlich nicht glücklich. Die Vorteile drängen sich nicht auf den ersten Blick auf. So habe ich eine Weile gebraucht, bis ich herausgefunden habe, dass es wahnsinnig praktisch ist, den Mediaplayer des Handys mit der Uhr zu steuern, wenn das Handy im Auto in seiner Halterung steckt und Musik ins Autoradio streamt. Oder man kann einen eingehenden Anruf annehmen, auch wenn das Handy in der Tasche steckt - oder im Auto im Kofferraum liegt. Wichtig ist es, sich genau zu überlegen, welche Alarme man auf der Uhr haben will. Würde ich die Facebook-Nachrichten aller meiner Friends oder alle Twitter-Tweets der Leute auf der Smartwatch empfangen, würde die Uhr vermutlich jede Minute einmal vibrieren. Es gibt nur einige wenige Facebook- und Twitter-Accounts, deren Meldungen auch auf meiner Uhr ankommen. 
Perfekt ist die SW2 nicht: So werden die Bezeichnungen der Termine nur dann komplett angezeigt, wenn sie kurz sind. Längere Termine könnten durch das Display scrollen, doch das kann die SW2 nicht. Und nicht alles, was auf dem Smartphone gemeldet wird, kommt auch auf der SW2 an. So habe ich heute eine eBay-Auktion verpasst - für die eBay-App gibt es keine SW2-Extention. Die neueste Generation der Smartwatches läuft mit dem neuen Betriebssystem Android L, sie soll alles anzeigen können, was das Smartphone auch anzeigt.
Eins unterscheidet Smartwatches von herkömmlichen Uhren: Sie sind nicht für die Ewigkeit gebaut. Meine älteste Armbanduhr ist 20 Jahre alt und funktioniert wie immer. Ob meine SW2 in fünf Jahren noch mit dem Mobiltelefon sprechen wird, das ich dann benutze, weiß ich nicht - Wetten abschließen würde ich darauf nicht. Deshalb sollte man die Höhe seiner Investitionen in eine Smartwatch überlegen:  Die SW2 stand mal bei Sony mit 200 Euro in der Liste, heute kostet sie mit Plastikarmband noch kurz über 100 Euro. So viel Geld zahlt man/frau auch schnell mal für eine Modeuhr, nur weil sie schick ist.       

Mittwoch, 3. September 2014

Neuer Hut - 2nd Edition

Vor viereinhalb Jahren habe ich mir einen neuen Helm gegönnt, einen Caberg Sintesi. Jetzt hat der Caberg einen Nachfolger gefunden:

 

Wer genau hinsieht entdeckt Parallelen, und die haben einen Grund: Der Neue ist ein Blauer Loft Fluo - und er ist, bis auf die auffällige Lackierung und ein paar Details, baugleich mit dem Alten. Caberg kennt man, aber wer zum Henker ist Blauer? Blauer ist eine Trendmarke, die sich damit rühmt, unter anderem diverse US-Polizeieinheiten auszurüsten. Seit einiger Zeit macht Blauer auch in Motorradhelmen - und baut sie natürlich nicht selbst. So war ich sehr überrascht, einen Klapphelm in der Größe 3XL im Blauer-Sortiment zu finden, eine echte Rarität auf dem Helmmarkt. Und als ich ihn sah, habe ich schnell erkannt, dass zumindest die Schale baugleich mit dem Caberg Sintesi ist. Der Rest ist es übrigens auch, nur das Innenfutter haben sie durch einen Lärmschutzkragen ergänzt. Das dürfte den Loft etwas leiser machen als den Sintesi - schlecht wäre das nicht. 

Der Caberg Sintesi hat mich über 40.000 km durch ganz Europa begleitet. Ich hoffe, der Blauer wird ein ebenso treuer Begleiter.

Donnerstag, 22. Mai 2014

Sound im Pluriel: So wird der Citroen C3 MP3- und Bluetooth-tauglich

Französische Autos glänzen gern mit einer Wohlfühl-Ausstattung: Zentralverriegelung, elektrische Spiegel, Bordcomputer, Licht- und Regensensor, natürlich Klimaautomatik. Mein Citroen C3 Pluriel macht da keine Ausnahme. Dazu gehört auch das werksseitig verbaute Radio. Es klingt fein, empfängt ordentlich, hat eine Lenkradfernbedienung und spielt CDs. Bloß: Wer hat heute noch CDs? Und selbst wenn: mehr als 15 bis 18 Titel passen nicht drauf auf eine Silberscheibe. Man glaubt kaum, wie schnell man sich an einer solchen Scheibe überhört hat. Mein Pluriel hat unter dem Radio eine Ablagebox. Dort konnte man sich ab Werk einen 6x-CD-Wechsler einbauen lassen, doch der löst das Problem nur graduell. Außerdem: Der Erstkäufer meines Autos hat das Kreuz an dieser Stelle der Bestellung nicht gemacht.
Zum Glück gibt es Abhilfe. Im Netz finden sich Händler, die digitale Player der Marke Yatour anbieten. Diese kleinen Wunderkistchen bieten Anschlussmöglichkeit für moderne Speichermedien (USB-Stick, SD-Karte) und ersetzen den CD-Player. Ich wollte noch einen Schritt weiter gehen und eine Lösung haben, mit der ich nicht nur meine MP3s ins Auto bekomme, sondern auch mein Smartphone. Fündig wurde ich bei eBay, dort kaufte ich bei einem Anbieter namens AutoteileDresden24 ein Gerät mit der Bezeichnung „USB Aux MP3 Bluetooth Adapter Peugeot 206 307 406 607 807 RD3 Freisprechanlage“. Das Teil hat 85,90 gekostet.
Im Folgenden beschreibe ich, wie ich vorgegangen bin:
Wichtig: was ich hier schreibe, gilt nur für meinen C3 Pluriel, Erstzulassung Februar 2005. Welches Gerät Ihr braucht, müsst ihr gegebenenfalls selbst herausfinden, denn allein beim Pluriel wurde während der Bauzeit das Radio und die Stromversorgung mehrfach geändert.
Schritt 1: Herausfinden, welches Radio man im Auto hat. Beim C3 gibt es im Wesentlichen Radios von Siemens/VDO der Baureihen RD3 und RD4, es gibt auch noch RT3 und RT4, die haben Navis drin. Außerdem gab es Radios von Clarion, die äußerlich genauso aussehen wie die VDO-Radios – aber ganz anders funktionieren. Mit den Clarions gehen nämlich die Yatour-Player nicht.

Normalerweise müsste einem der Citroen-Händler anhand der Fahrgestellnummer heraussuchen können, welches Radio man im Armaturenbrett hat. Der Service-Mitarbeiter in der Citroen-Niederlassung am Frankfurter Ring zeigte sich damit überfordert: Er fand am Computer heraus, dass ich ein Clarion-Radio verbaut habe, „und da kann man gar nix anschließen“. Ich habe mir daraufhin bei eBay für 2,95 Euro zwei Montagebügel gekauft, mit der man das Radio aus dem Einbauschacht ziehen kann. Und siehe da: In meinem Auto sitzt ein RD3 von Siemens-VDO.
Schritt 2: CD-Wechslereingang freischalten lassen. Jeder halbwegs kompetente Citroen-Schrauber sollte mit der Diagnose-Software am Zentralcomputer des Wagens (BSI) den CD-Wechsler-Eingang freischalten können. Nach meinen tollen Erfahrungen am Frankfurter Ring habe ich diese Aufgabe der Citroen-Werkstatt Stern in München-Allach übertragen, die die Herausforderung souverän meisterte!
Extra-Tipp: Ich würde mir den Yatour-Player erst bestellen, wenn ich definitiv weiß, welches Radio ich habe und wenn mir einer definitiv den Wechslereingang freigeschaltet hat. Sonst funzt das ganze nämlich nicht.
Schritt 3: Player bestellen, bekommen, auspacken. Das Paket besteht aus dem Player selbst, der ist kleiner als eine Zigarettenschachtel. Dazu kommt ein Interface-Kabel zum Radio, außerdem ein Bluetooth-Empfänger, ein Mikrofon und ein Aux-In-Kabel. Die SD-Karte auf dem Foto war nicht dabei.


Schritt 3a: Speichermedium für Funktionstest vorbereiten. Der Yatour-Player simuliert einen CD-Wechsler, und das RD3-Radio hat sechs CD-Tasten. Also formatiert man eine SD-Karte oder einen USB-Stick mit FAT16 oder FAT32 (nicht NTFS oder was Exotisches) und legt für jede CD ein Verzeichnis an. Die Verzeichnisse heißen CD01 bis CD06. In jedes Verzeichnis können bis zu 99 MP3-Dateien gespeichert werden. Abgespielt werden sie in der Reihenfolge des Speicherzeitraums. ID3-Tags werden nicht gelesen.

Schritt 4: Einbau des Players. Werkzeug braucht man zum Einbau eigentlich keins, bis auf die Montagebügel zum Abziehen des Radios. Ich habe etwas Klettband genommen, um den Player, den Bluetooth-Empfänger und das Mikrofon im Auto zu befestigen. Außerdem etwas Gewebeband, um einige Kabel zu fixieren. Als erstes zieht man das Radio heraus und macht den Stecker von der Antenne ab. Dann steckt man den blauen Stecker des Interface-Kabels in den freien Steckplatz am Radio. In meinem Fall war der Steckplatz etwa dreimal so groß wie der Stecker. Ich habe den Stecker so reingesteckt, dass er rechts sauber einrastet. Wofür die anderen Kontakte sind, weiß ich nicht, man braucht sie auch nicht. Wenn man das Handschuhfach öffnet, dann fühlt man links vom Handschuhfach flexible Kunststoffschaummatten, die das Handschuhfach gegen das Armaturenbrett abdichten. Mit etwas Suchen findet man schnell eine Lücke, um das Interface-Kabel vom Radioschacht aus zum Handschuhfach durchzustecken. 
Hinten am Player gibt es eine kleine weiße Steckdose, dort wird das Kabel des Bluetooth-Empfängers angesteckt. Wer will, kann jetzt das Radio wieder locker in den Radioschacht schieben und einen ersten Funktionstest machen, also Radio an. Nach Erstinbetriebnahme fängt im Bluetooth-Empfänger eine rote Leuchtdiode das Flimmern an. Der Empfänger ist dann im Pairing-Modus. Also Smartphone anschmeißen, BT an und auf Suchen gehen. Wurde das Gerät gefunden, auf Verbinden drücken. Fragt das Handy nach einer Geheimnummer, lautet die „0000“. Sollte der Empfänger nicht mehr flimmern, sondern leuchten – oder sollte das Handy nix finden: Taste am Empfänger drei Sekunden lang drücken und nochmal probieren. Um Musik zu hören, das Speichermedium (also USB-Stick ODER SD-Karte) in den Player schieben und am Radio auf die CD-Wechslertaste drücken. Jetzt müsste im Multifunktionsdisplay so was wie „CD 05, 99 Tracks“ stehen. Dann dauert es ein paar Sekunden, und das Ding fängt an zu spielen. Hört ihr Musik? Super, dann ist das ja erledigt.
Schritt 5: Feinmontage. Den Player selbst habe ich mit zwei Streifen Klettband an die linke Seite des Handschuhfachs geklebt, so dass ich die Speicherkarte einfach wechseln kann. Wer sich sicher ist, seine Musik nur via BT vom Handy streamen zu wollen, könnte den Player auch noch besser verstecken, denn außer zum Speicherwechseln muss man da eigentlich nicht mehr ran. Dann habe ich das Kabel vom Handschuhfach durch den Radioschacht unter dem Lenkrad entlang und bis zum Sicherungskasten geführt. Dann an der Kante zwischen Armaturenbrett und Karosserie hoch zur A-Säule, dort bis zum Hochtöner, dort kommt das Kabel dann heraus und der BT-Empfänger liegt bei mir auf dem Armaturenbrett (links vom Tacho). Dort habe ich den Empfänger mit etwas Klettband fixiert. Der Empfänger muss während der Fahrt leicht zu erreichen sein, denn die Taste darauf dient zum Annehmen und Abbrechen von Telefonaten. Hinten am Empfänger sind zwei 3,5mm-Klinkenbuchsen. Eine ist die Buchse für das Mikrofon, die andere für eine nicht näher beschriebe Fernsteuerung, die man aber nicht braucht – und die der Händler auch nicht anbietet. Das Mikrofon habe ich mit Klettband oben an der A-Säule befestigt, und zwar dort, wo eine Nut um die Säule herum bis zum Türgummi geht. Das Kabel kann man dann prima unter dem Türgummi verschwinden lassen und es ansonsten so verlegen, wie das BT-Anschlusskabel schon liegt. Ich hatte am Ende mehrere Kabel in der Ecke, dort wo das Armaturenbrett mit dem Vorderwagen abschließt, Die habe ich dort mit etwas gewebeband fixiert. Ziel ist es, dass man den ganzen Zirkus ohne bleibende Schäden auch wieder rausbauen kann. Wer es stabiler und cleaner haben will, kommt kaum darum herum, ein paar Löcher zu bohren. Radio wieder reinschieben (vorher gucken, ob auch der Antennestecker wieder drauf ist). Fertig.
Schritt 6: Funktionstest – was kann das Zeug, was kann es nicht? Wenn ein Speicher im Player steckt, dann kann man mit den Tasten zwischen den einzelnen CD-Verzeichnissen hin- und herwechseln. Die einzelnen Lieder kann man über die Lenkrad-Fernbedienung oder die Tasten am Radio anwählen. In der Bedienungsanleitung werden mehrere Funktionen erwähnt, die der Player im C3 nicht kann, zum Beispiel Shuffle oder Scan. Grund: Diese Funktionen fehlen dem Radio. Wichtig: Im Player darf immer nur eine Datequelle angestöpselt sein, also entweder USB-Stick oder SD-Karte oder per Klinkenkabel eingestöpselter, externer Player. Wer einen externen Player anschließen will, sollte darauf achten, ihn nicht an die Bordstromversorgung zu hängen, das könnte brummen.
Schritt 7: Bluetooth-Funktionstest. Ich habe den Player mit meinem Google Nexus 4 gepairt. Ein Tonsignal aus dem Handy übersteuert das Signal aus dem Player. Bedeutet: Wenn man im Handy Musik laufen lässt, wird die Musik aus dem Handy wiedergegeben und nicht die aus dem Player. Schaltet man die Musik am Handy wieder ab (zum Beispiel durch antippen der Pasue-Taste), kommt nach ein paar Sekunden wieder die Musik aus dem Player. Dasselbe ist es mit Stimmansagen aus dem Navi oder – natürlich – bei Anrufen. Die Musik-Übertragung aus dem Handy erfordert ein Handy, das das BT-Profil A2DP beherrscht – eigentlich alle Smartphones können das. Die Qualität fand ich erstaunlich klasse. Man sollte die Wiedergabelautstärke und eventuelle Klangeinstellungen (Equalizer) am Handy vornehmen, bis der Klang passt. Ist die Lautstärke am Handy zu hoch, verzerrt die Musikwiedergabe. Noch ein Check: So lange die Anlage unter Strom steht, leuchtet im BT-Empfänger eine rote Lampe. Schaltet man das Radio aus und macht die Tür zu, dann muss die Lampe irgendwann mal ausgehen, sonst zieht das Teil ewig Strom. Also nach 20 Minuten mal gucken, ob alles aus ist. 
Was geht nicht (oder ich habe es noch nicht hinbekommen)? Es gibt keine Möglichkeit, die Musikwiedergabe des Players zu stoppen, also das Radio (im CD-Wechsermodus) anzuhaben, aber keine Musik aus dem Player zu hören. Das kann blöd sein, wenn man die Anlage nutzen will, um zum Beispiel die Ansagen des Navis auf dem Handy über Radio zu hören – aber man will keine Musik. Die Lösung ist banal: Speicherkarte entfernen. Was ebenfalls (bei mir) nicht geht, ist die Steuerung der Musikwiedergabe vom Handy über die Lenkradfernbedienung. Titel vor/zurück geht nicht. Ein Druck auf die Taste am BT-Empfänger setzt die Wiedergabe auf Pause, ein weiterer startet sie wieder. Was ich noch nicht ausprobiert habe: Lassen sich auch mehrere Handys mit dem BT-Empfänger pairen? Dann könnte meine Frau einfach ihr Handy benutzen, wenn sie fährt. Und werden Verkehrsdurchsagen eingeblendet? Ich nehme an, aber ausprobiert habe ich es noch nicht.
Aber insgesamt: Grandioser Kauf.



Donnerstag, 27. Februar 2014

Warum Wulff der falsche Mann am falschen Ort war

Christian Wulff ist vom Landgericht Hannover vom Vorwurf der Vorteilsannahme freigesprochen worden. Gut so. Wenn Politiker oder andere gesellschaftliche Gruppen in der Vergangenheit den jeweils amtierenden Bundespräsidenten scharf - und mitunter polemisch - kritisiert haben, dann wurde dies häufig mit dem Vorwurf bemängelt, eine übermäßige Kritik des Bundespräsidenten beschädige das Amt. Das ist natürlich Unsinn: Wir leben in einer freiheitlich-demokratischen Rechtsordung, in der Meinungsfreiheit herrscht und in der man den Bundespräsidenten genauso kritisieren kann wie den Papst oder Michael Schumacher.

Dennoch bin ich froh, dass das unwürdige Schauspiel vor dem Landgericht Hannover jetzt vorbei ist. Es ist berechtigt und für den Rechtsfrieden notwendig, dass sich ein Staatsoberhaupt auch vor Gericht verantworten muss, wenn es im Verdacht steht, Recht gebrochen zu haben. Aber dann muss ein solches Verfahren auch zügig durchgezogen werden. Wulff selbst hätte das Verfahren abkürzen können, wenn er einen Strafbefehl akzeptiert hätte. Dass er das nicht wollte, kann ich verstehen. Dass die Staatsanwaltschaft nicht aufstecken wollte, als sie sah, wohin das Ganze führt, dafür fehlt mir das Verständnis.

Was dieses lange Gerichtsverfahren in Vergessenheit zu geraten droht, ist jedoch der eigentliche Skandal. Wulff war für den Posten des Bundespräsidenten nie geeignet. Er war zu jung, er war zu hungrig und politisch nicht überparteilich genug. Das wusste jeder, weshalb die Wahl Wulffs dann auch zur Zitterpartie geriet. Es war Angela Merkel, die Wulff unbedingt im Schloss Bellevue haben wollte - vermutlich um der SPD nicht den Triumph zu gönnen, ihren, den besseren Kandidaten, ins Amt zu bringen - und um einen weiteren innerparteilichen Konkurrenten aus dem Weg zu räumen. Das war ein großer politischer Fehler, der der Bundeskanzerin merkwürdigerweise nie zum Schaden gereichte.

Wulff will jetzt angeblich wieder als Anwalt arbeiten. Das ist gut so, denn einen Ruf hat er dort nicht mehr zu verlieren.