Sonntag, 24. April 2016

Smartwatch - nächster Versuch

Hier links seht ihr meine neue Armbanduhr - und rechts daneben ihren Vorgänger. Was man erst auf den zweiten Blick bemerkt: Die linke Uhr hat kein Ziffernblatt und keine Zeiger. Stattdessen sitzt ein kreisrundes Farbdisplay im Metallgehäuse, das im Normalbetrieb nur ein Ziffernblatt simuliert. Wer genau hinsieht, erkennt am unteren Rand des Displays einen schwarzen Bereich. Dort sitzt ein Sensor zur automatischen Helligkeitsregelung.
Darf ich vorstellen: Die Fossil Q Founder, meine zweite Smartwatch. Sie ist im Durchmesser rund drei Millimeter größer als die zum Vergleich abgebildete Automatikuhr, von der Stärke her nehmen sich beide Uhren nichts - wobei auch die Avialic rechts auf dem Bild eine relativ dicke Uhr ist, die gut zu großen Händen passt.

Smartwatch? Was ist das?


Eine Smartwatch ist ein so genanntes "Wearable", also ein Kleincomputer fürs Handgelenk. Auf sich allein gestellt kann die Q Founder nicht viel mehr als viele andere Multifunktionsuhren. Sie zeigt Zeit und Datum an, besitzt einen eingebauten Wecker, eine Stoppuhr und einen Timer. Da das Ziffernblatt nur eine Grafik ist, kann man es mit ein paar Knopfdrücken austauschen. Neben dem betont klassischen Chronometer-Look kann man sich auch etwas sehr Reduziertes, eine Digitalanzeige oder etwas aus der Flower-Power-Richtung laden. Das kann man auch ganz nach Laune wechseln, das dauert nur Sekunden.

Assistent fürs Smartphone


Ihren wahren Zweck zeigt die Smartwatch im Zusammenspiel mit einem Smartphone. Sie dient quasi als ausgelagertes Info-Display und als Fernsteuerung für das Telefon, das per Bluetooth mit ihr verbunden ist. So zeigt die Smartwatch verschiedene Nachrichten an, die auf dem Telefon aufpoppen, etwa neue Termine, neue Mails, eingehende SMS- oder WhatsApp-Nachrichten. Dazu liefert das Smartphone Informationen, von denen es glaubt, dass sie für mich interessant sein könnten, etwa über Geburtstage von Leuten in meiner Facebook-Timeline, über die aktuelle Wetterlage oder über die voraussichtliche Fahrtstrecke vom Büro nach hause, wenn der Feierabend naht.

All diese Informationen zeigt die Q Founder über so genannte Karten an, die im Display erscheinen, sobald man mit dem Finger von unten nach oben drüber wischt. Dabei lernt das System: Dinge, die ich nach rechts wegwische, gelten als weniger wichtig und werden in Zukunft nicht mehr so häufig angezeigt, Und Meldungen von bestimmten Apps lassen sich auch komplett blockieren.

Ziel des Ganzen: Nicht mehr jedes Mal das Telefon aus der Tasche holen müssen, wenn es irgendeinen Signapiepser ausgestoßen hat. Oft reicht bereits ein Blick auf die Uhr, um zu erkennen, ob eine Mail wichtig ist oder nicht. Dabei signalisiert die Q Founder durch dezentes Vibrieren, wenn es einen Grund gibt, mal auf die Uhr zu sehen.

Android vs. iOS


Die Uhr läuft unter Android Wear, einer Wearable-Variante des Smartphone-Betriebssystems von Google. Das funktionierte bislang nur im Zusammenspiel mit einem Android-Handy, doch seit Ende 2015 spricht Android Wear auch mit iOS ab Version 8.2 (ab iPhone 5). Der Haken - und ehrlich gesagt ein ziemlich großer Haken - dabei ist, dass unter iOS nur ein abgespeckter Funktionsumfang zur Verfügung steht. So übernimmt die Uhr von einem Android-Handy die Telefonkontakte, man kann mit ihr sprachgesteuert Telefonate einleiten ("Klaus Müller anrufen") und sogar in die Uhr sprechen, wenn die Leitung steht. In Zusammenspiel mit einem iPhone funktioniert das alles nicht. Wenn man angerufen wird, signalisiert die Uhr immerhin, dass ein Anruf einläuft, man kann ihn annehmen oder abweisen. Und bei verpassten Telefonaten zeigt die Fossil-Uhr eine Nachricht.

Hat man ein Android-Handy, dann geht mehr: Zum Beispiel eine Navigationsanzeige, wenn man sich von Google Maps ans Ziel leiten lässt. Die Uhr besitzt ein Mikrofon und nutzt die Sparcherkennung des Smartphones. So kann man - mit einem Android-Handy - auf eine eingegangene Mail, eine Facebook-Message oder eine WhatsApp-Nachricht per Sprache reagieren, das Handy macht automatisch Text draus.

Unter iOS funktioniert das alles nicht, aber was funktioniert, ist beeindruckend genug. So war ich mit der Uhr in Hongkong, wo sie aus meiner Mail-Korrespondenz und meinen Kalendereinträgen nicht nur ermittelte, dass ich auf einem Flug zurück nach München am Samstag um 22.30 Uhr gebucht war, sondern auch mit der Information aufwarten konnte, dass für diesen Flug keine Verspätung zu erwarten sei.

Ebenfalls ziemlich beeindruckend: Der Übersetzer. Man sucht sich Ein- und Ausgabesprache aus, spricht das gesuchte Wort oder den Satz in die Uhr, sie rechnet einen Moment - und präsentiert die Übersetzung in Klarschrift auf dem Display. Das funktioniert auch von Afrikaans nach Chinesisch, wenn's sein muss - allerdings nur, wenn ein Smartphone verbunden ist und es eine funktionierende Internet-Verbindung hat.

Wie so ziemlich jedes Wearable hat die Q-Founder auch einen Schrittzähler. Man kann sein gewünschtes Tagespensum einstellen (zum Beispiel 10.000 Schritte), und auf dem Ziffernblatt wird angezeigt, wie viel man davon schon erreicht hat. Einen Pulszähler hat die Q-Founder nicht.

Praktische Sachen


Die Fossil Q Founder braucht - wie alle Android-Smartwatches - ziemlich viel Strom. Mit einer Akkuladung kommt sie aber gut über den Tag. Für die Nacht gibt es eine Basisstation mit USB-Netzteil, auf die die Uhr aufgelegt wird, sie lädt sich dann per Induktion auf. Wer wie ich seine Armbanduhr vor dem Schlafengehen abnimmt, hat damit kein Problem - wie ihre Vorgängerin übernachtet die Q Founder bei mir auf dem Nachttisch. Blöd ist es, wenn man mehrere Tage unterwegs ist, dann muss man die Ladestation mitnehmen - oder eine andere Uhr.

Was die Fossil Q Founder für mich besonders attraktiv macht: Ihre gesamte Technik sitzt im Uhrengehäuse, und deshalb benutzt sie normale Uhrenarmbänder mit 22-Millimeter-Anschlag. Ich habe mir nämlich vor bald 35 Jahren einmal bei einem Autounfall das linke Handgelenk gebrochen. Seitdem passen dort die meisten normal langen Armbänder nicht mehr, sie sind zu kurz. Das gilt auch für die speziellen, mit einem proprietären Anschluss "gesegneten" Armbänder von Uhren wie Pebble Steel oder Apple Watch. Die kriege ich einfach nicht um mein Handgelenk. Bei der Fossil Q Founder habe ich einfach das mitgelieferte Armband (auf dem Bild ist es an meiner alten Avialic) gegen das extralange Band ausgetauscht, das zuvor an meiner Automatikuhr saß. Das hatte bei eBay gerade einmal 16 Euro gekostet.

Und was ist mit der Sony?


Im vergangenen Jahr hatte ich mir für kleines Geld von einem Kollegen eine Sony SW2 geschossen, ich hatte bereits darüber berichtet. Abgesehen von der grenzwertigen Optik dieser Uhr war die Freude nur von kurzer Dauer, nach wenigen Monaten ging das Display kaputt. Hoffentlich hält die Fossil länger. Und hoffentlich legt Google bei den Funktionalitäten von Android Wear für iPhone noch etwas nach.