Donnerstag, 17. Juni 2010

Wer ist eigentlich dieser Joachim Gauck?

Ich kann mich an keinen Bundespräsidenten seit Karl Carstens erinnern, der bei seiner Wahl im Volk so umstritten war wie Christian Wulff. Bei Carstens lagen die Gründe auf der Hand: Er war Mitglied in der NSDAP gewesen, außerdem bei der SA - es erschien damals für Viele in Deutschland undenkbar, einem Menschen mit einer solchen Nazi-Karriere das höchste Staatsamt zu geben. Allerdings erfüllte Carstens mehrere Voraussetzungen, die Wulff nicht erfüllt: Carstens war am Ende seiner (partei-) politischen Karriere angekommen, außerdem hatte er als Bundestagspräsident seine Eignung für das Ausfüllen überparteilicher politischer Ämter bewiesen. 

Als Carstens schließlich im Amt war, erfüllte er die in ihn gesetzten Erwartungen im besten Sinne - indem er im Wesentlichen gar nichts tat. Er ist nicht für seine aufrüttelnden Reden bekannt geworden, wie etwa ein Richard von Weizsäcker oder ein Roman Herzog. Er ist in Erinnerung geblieben, weil er die Republik durchwandert hatte. Kein schlimmer Fauxpas ist bekannt geworden - aber auch kein politischer Impuls ist hängen geblieben. 

Auch von Wulff werden wir wahrscheinlich im besten Falle erwarten können, dass er keinen Ärger macht. Aber erwartet ernsthaft jemand, dass Wulff als Bundespräsident dieses Land nach vorne bringt? Er ist ja schon als Ministerpräsident kaum durch herausragende politische Ideen aufgefallen. Er hat einfach so lange kandidiert, bis sich die Niedersachsen an ihn gewöhnt hatten und die SPD schließlich keinen echten Widersacher mehr im Köcher hatte - dann ist er Ministerpräsident geworden. Mit gerade einmal 50 Jahren ist Wulff auch nicht am Ende seiner politischen Karriere. Selbst wenn - was die politischen Begleitumstände verhindern mögen - Wulff zwei Amtszeiten als Bundespräsident hinter sich bringt, ist er immer noch erst 60 Jahre alt, zu jung, um von der politischen Bühne abzutreten. Dazu ist Wulff ein aktiver Landespolitiker und CDU-Präsidiumsmitglied - Überparteilichkeit ist da kaum zu erwarten. Es keimt der unangenehme Verdacht auf, dass Angela Merkel ihrer Partei mit der Kandidatur Wulffs eine Machtbasis sichern will, solange sie noch die Macht dazu hat. So, Frau Merkel, ist dieses Amt aber eigentlich nicht gemeint.   

Das Volk hat sich eine klare Meinung zu Christian Wulff gebildet: Das Magazin "Stern" zitierte eine Meinungsumfrage des Forsa-Institutes, wonach 32 Prozent der Bundesbürger Christian Wulff zum Bundespräsidenten wählen würden - das ist etwa soviel, wie die CDU im Moment bei Wahlen erreichen kann. Joachim Gauck, der Kandidat, den SPD und Grüne ins Spiel gebracht haben, erfüllt alle Kriterien, die ein guter, ein richtungsweisender Bundespräsident erfüllen muss. Er ist (obwohl der CDU zugetan) überparteilich und muss sich politisch niemandem mehr beweisen. Er ist für jeden aufrechten Demokraten ohne Probleme wählbar - und dass die Linke ihn nicht unterstützt, fällt eher auf die Linke zurück als auf Gauck.

Angela Merkel muss sich ernsthaft fragen, was sie eigentlich geritten hat, einen Parteisoldaten für das Amt vorzuschlagen, wenn sie doch gestandene Persönlichkeiten wie Gauck hätte fragen können.

Ich würde mich freuen, wenn Joachim Gauck unser nächster Bundespräsident würde. Auch Tschechien hatte die Größe, einen Dissidenten zum Staatspräsidenten zu machen.

Um zu sehen, wie dieser Joachim Gauck tickt, hier eine Rede, die er aus Anlass des 20. Jahrestages des Mauerfalls gehalten hat. Die Rede ist leider über eine Stunde lang, und die Synchronisation ist etwas aus dem Tritt. Dennoch: Man stelle sich mal vor, was Christian Wulff zu diesem Thema gesagt hätte. 


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