Bis heute haben 44057 Menschen die Petition unterzeichnet - ich auch. Damit ist sie die bislang mit Abstand erfolgreichste Online-Petition, die beim Bundestag eingereicht wurde.
Warum haben wir unterschrieben? Sind wir etwa für Kinderpornografie? Wollen wir etwa unsere heldenhafte Familienministerin in ihrem Kampf
Nein, aber darum geht es gar nicht. Es geht um folgendes:
Die so genannte Sperrverfügung soll gesetzlich verankert werden, und zwar über eine Änderung des Telekommunikationsgesetzes (TKG). Darin wird festgelegt, dass das BKA täglich eine Liste mit Websites zusammenstellt, die allen Internet-Zugangsprovidern mit mehr als 10.000 Kunden zugesandt wird. Diese Zugangsprovider müssen ihren Kunden den Zugang zu diesen Websites sperren. Ruft ein Internet-Nutzer eine solche Seite auf, dann bekommt er einen Hinweis, dass diese Seite gesperrt ist. Versucht er, diese Sperre zu umgehen, macht er sich strafbar.
Den Menschen, die kinderpornografisches Material erstellen und auf Internet-Servern speichern, passiert nichts. Obwohl diese Server fast immer in Ländern stehen, in denen Kinderpornografie verboten ist. Man könnte also die Server abschalten und ihre Betreiber belangen. Man könnte auch die Identitäten derjenigen ausforschen, die das Material liefern - und so eventuell tatsächlich gepeinigten Kindern helfen.
Aber das will Zensursula nicht.
Sie will eine schnelle populistische Maßnahme durchziehen, von deren Wirkung niemand etwas mitkriegen wird, denn schließlich dürften fast alle von uns weder Kinderpornos erstellen noch sich welche freiwillig anschauen. Experten warnen seit langem davor, dass der von der Regierung angestrebte Weg zudem nicht funktioniert. Wer auf einen Server zugreifen will, kann dies auch dann tun, wenn der Provider den direkten Zugang sperrt. Zensursula weiß das, aber es ficht sie nicht an. Nicht vergessen: Wir haben Wahljahr.
Und jetzt kommt das kleine, schmutzige Detail: Wäre es Zensursula tatsächlich darum gegangen, Kinderpornografie im Internet einzudämmmen, dann hätte sie die Speerverfügung in ein eigenes Gesetz gegossen, in dem ausdrücklich festgeschrieben wird, dass nur Seiten blockiert werden müssen, die kinderpornografisches Material enthalten.
Doch das hat sie nicht getan.
Die Änderung des TKG etabliert einen Workflow, der es dem BKA erlaubt, auch andere Seiten zu blockieren, von denen das BKA meint, dass sie Gesetzen zuwider laufen. Rechtsradikale Seiten. Linksradikale Seiten. Gambling-Seiten, Musik-Download-Börsen...
Das wäre dann Internet-Zensur.
Und deshalb haben bis heute mehr als 44.000 Menschen die Petition gegen die Indizierung und Sperrung von Internetseiten unterschrieben. Bei 50.000 Unterschriften muss der Bundestag sich mit der Petition befassen. Stellt Euch vor, was passiert, wenn 500.000 Unterschriften zusammenkommen. Deshalb reihe ich mich ein in die große Gruppe derer, denen am Internet etwas liegt und die dazu aufrufen, diese Petition zu unterschreiben.
Übrigens: Natürlich bin ich gegen Kinder-Pornografie, egal ob im Internet oder anderswo. Auch 1&1, Deutschlands größter Internet-Provider ist dagegen. Ich kenne viele leitende Manager von 1&1 aus persönlichen Gesprächen, man kann ihnen das bedenkenlos glauben. Dennoch ist 1&1 nicht zufrieden mit der Änderung des TKG. Natürlich wird das Unternehmen gesetzlichen Bestimmungen Folge leisten. Doch bei 1&1 ist man davon überzeugt, dass die Sperrverfügung kein geeignetes Werkzeug ist, um Kinderpornografie im Internet und anderswo wirksam einzudämmen. In der nächsten Ausgabe der INTERNET WORLD Business (sie erscheint am 11. Mai) kommentiert Frank Vogler, Leiter der Rechtsabteilung von 1&1 das Vorgehen der Regierung. Schaut mal rein, es ist interessant.
Inzwischen haben 70.475 Menschen die Petition unterschrieben. Der Bundestag wird sich also damit befassen müssen. Und wenn es erst einmal ein paar hunderttausend sind, dann wird sich vielleicht auch was ändern.
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