Mittwoch, 18. März 2009

Die Augen gerade-aus!

Heute auf Spiegel Online gelesen: Immer mehr junge Männer werden von der Bundeswehr als untauglich ausgemustert. Bei denen, die verweigert haben, ist der Anteil der Ausgemusterterten allerdings deutlich geringer als bei denen, die keine Gewissensgründe gegen den Dienst an der Waffe vorgebracht haben, sagt die Zentralstelle für Recht und Schutz der Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen (KDV). Sie rät jungen Männern dazu, auf Zeit zu spielen und erst dann zu verweigern, wenn der Einberufungsbefehl im Briefkasten liegt. So würde die Chance steigen, überhaupt keinen Dienst leisten zu müssen.

Ein guter Rat.


Als ich 1982 zur Bundeswehr eingezogen wurde, war Leonid Breschnjew noch KPdSU-Vorsitzender, der Kalte Krieg auf seinem Höhepunkt. Die Bundeswehr zog jeden ein, der einen regelmäßigen Puls hatte. Meine Größe von 2,04 Meter (offiziell auf dem Kreiswehrersatzamt gemessen) machte mich borduntauglich, ich durfte weder in einem Flugzeug, noch auf einem Schiff, noch in einem Panzer Dienst tun. Dennoch wurde ich eingezogen - und kam zum Nachschub. Dort lernte ich, dass insgesamt 65 Formulare beschrieben werden mussten, um einen Bleistift für die Kompanieschreibstube zu beschaffen, und ich lernte auch, was die persönliche Ausrüstung eines Soldaten beim Heer kostet: 2.600 Mark (ohne Waffe). Der Inhalt meines Spindes dürfte locker das Doppelte gekostet haben, denn ich bekam unter anderem maßgefertigte Uniformhemden (die ich - obwohl sie für mich persönlich angefertigt und entsprchenden gekennzeichnet wurden - nach meinem Dienst nicht übernehmen durfte). Ich hatte während meines Wehrdienstes zwei schwere Unfälle, von denen einer direkt durch meinen Dienst verursacht wurde: Ich brach mir beim Überwinden eines Hindernispfades drei Knochen im Fuß. Inkompetenz und Schikane seitens meiner Vorgesetzten verschlimmerte die Sache, der Bruch blieb eine Woche lang unbehandelt. Insgesamt brach ich mir während meiner 15 Monate beim "Bund" fünf Knochen und zwei Rückenwirbel. Geblieben sind mir ein Lkw-Führerschein und eine Wetterfühligkeit im linken Handgelenk - und die bittere Erfahrung, dass jeder Mensch töten kann, wenn man ihm eine Waffe in die Hand drückt und ihn nur genügend unter Druck setzt.


Warum habe ich nicht verweigert? Ich hatte Schiss. Schiss, bei der Verhandlung vor dem Verweigerungsausschuss zu scheitern (was damals an der Tagesordnung war). Schiss, daraufhin beim "Bund" noch härter schikaniert zu werden als sonst. Zurückblickend muss ich sagen: Ich hätte verweigern sollen.


Die Bundeswehr - eine Erfahrung, die man sich wirklich nicht geben muss.

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