Dienstag, 13. Dezember 2011

"Selbst der Anschein ist zu vermeiden"

Obige Formulierung stand nach meiner Erinnerung im preußischen Beamtengesetz zur Zeit Friedrichs des Großen. Sie beschrieb die Notwendigkeit, dass ein Staatsbeamter nicht nur nicht korrupt sein darf, sondern auch jeglichen Anschein vermeiden muss, korrupt zu sein. Wenn man nach dieser Formulierung googelt, wird als einer der ersten Links eine Seite von "Schule und Recht in Niedersachsen" ausgeworfen, in der das Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken im Beamtenrecht erläutert wird.
Dort heißt es unter Punkt 1 (Regelungszweck):
"Beamtinnen und Beamte müssen jeden Anschein vermeiden, im Rahmen ihrer Amtsführung für persönliche Vorteile empfänglich zu sein und sich nicht ausschließlich an sachlichen Erwägungen zu orientieren."
Christian Wulff ist kein Beamter, aber er ist Staatsdiener. Und er hat gegen dieses Gebot verstoßen, indem er mehrfach von einem Unternehmer Vorteile annahm, die geeignet sind, den Eindruck zu erwecken, der Spender der Gefälligkeiten könne dafür Gegenleistungen erwarten. Einmal verbrachte Wulff mit seiner Frau einen Urlaub in Florida. Die Flüge mit Air Berlin buchte er Economy, geflogen ist er Business Class. In Florida wohnte er im Haus des Unternehmers Geerkens. Jetzt ist herausgekommen, dass sich Wulff und seine Frau von der Frau des Unternehmers eine halbe Million Euro geliehen haben, dafür kauften sie ein Einfamilienhaus. Auf Anfrage des Landtages nach Geschäftsbeziehungen zu Geerkens verschwieg Wulff den Kredit und löste ihn später mit einem normalen Bankkredit ab. So weit die Fakten.
Ist unser Staatsoberhaupt korrupt?
Wulff führt ins Feld, seine Familie sei schon lange mit Geerkens befreundet, er betrachte ihn als väterlichen Freund, Geerkens sei außerdem sein Trauzeuge. Mangels anderer Informationen glaube ich das jetzt einfach mal. Ich habe auch schon einige erstaunlich reiche Menschen getroffen, die ebenso erstaunlich freigebig sind - und zwar durchaus ohne Hintergedanken. Jemanden mal eben in seiner Riesen-Villa wohnen zu lassen, ist für uns, die wir in Dreizimmerwohnungen hocken, in denen jeder Besuch nach drei Tagen stinkt wie Fisch, eine exotische Vorstellung. Aber es gibt reiche Menschen, die unterhalten mehrere solcher Villen rund um den Globus, inklusive Personal. Diese Villen stehen einfach so rum, nur für den Fall, dass ihr Besitzer - oder ein Freund des Besitzers - dort vielleicht mal vorbeikommt. Wenn ein Herr Geerkens einen Herrn Wulff in seiner Villa wohnen lässt, bedeutet das für ihn vermutlich weniger Aufwand und Mühe, als wenn ich meinen besten Kumpel mal ein paar Tage bei mir pennen lasse.
Wollte Geerken Wulff bestechen? Erwartete er Gegenleistungen vom damaligen Ministerpräsidenten? Wir wissen es nicht. Aber das ist auch gar nicht der Punkt. Auch ich habe schon einmal auf einem Amerika-Flug einen Upgrade von Economy auf Business Class bekommen - und den Flug ohne eine Spur eines schlechten Gewissens genossen. Aber ich bin auch kein Ministerpräsident. Mein Gerechtigkeitsgefühl würde übrigens auch keinen Deut leiden, wenn ein amtierender Ministerpräsident mit einer Maschine der Flugbereitschaft der Bundeswehr in den Urlaub fliegen würde - wohl wissend, dass sein Urlaub jederzeit zu Ende sein kann, wenn daheim etwas Wichtiges passiert. Doch Wulff musste wissen, dass ein Business-Class-Urlaubsflug, eine Urlaubseinladung in eine Luxusvilla, ein unkomplizierter 500.000-Euro-Kredit für den Kauf eines Hauses Dinge sind, die sich für die meisten Bürger Niedersachsens am oberen Rand ihrer persönlichen Möglichkeiten bewegen - und für einen Großteil von ihnen komplett außerhalb ihrer Möglichkeiten. Wulff hätte wissen müssen, was das für einen Eindruck macht, wenn ihm ein Unternehmer mal so eben 500.000 Euro leiht - obwohl er als Ministerpräsident mit gesetzlich geregelter Luxus-Altersversorgung einfach nur in die nächste Bank hätte gehen müssen, die hätten ihm auch einen Kredit gegeben. Wulff hätte wissen müssen, dass man als Ministerpräsident Niedersachsens eventuell in ein schlechtes Licht kommt, wenn man Luxusautos von VW nutzt, Flug-Upgrades bekommt und andere Dinge, die das Wahlvolk nicht versteht. Und er hätte diese Dinge entweder konsequent ablehnen oder ebenso konsequent proaktiv bei der Landtagsverwaltung anmelden müssen. Auch sein "väterlicher Freund" Geerken hätte es verstehen müssen, wenn Wulff ihm gesagt hätte "Als Ministerpräsident darf ich dein privates Kreditangebot nicht annehmen, ohne es zuvor überprüfen zu lassen. Deshalb muss ich dankend ablehnen."
Warum hat Wulff das nicht getan? Dafür gibt es nur zwei mögliche Erklärungen. Entweder ist er tatsächlich korrupt. Oder er ist einfach zu dämlich, auf so etwas zu achten. Beides in meinen Augen Fehler, die sich das Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland nicht leisten darf.
Deshalb muss Christian Wulff zurücktreten.

Donnerstag, 1. Dezember 2011

R.I.P. Zdeněk Miler (21. 02. 1921 - 30. 11. 2011)



Der Schöpfer der tschechischen Kinderfilme um den kleinen Maulwurf ist gestern gestorben. Mehr über das Leben dieses wunderbaren Künstlers kann man hier erfahren.