Was denkt man sich bei der NSA eigentlich dabei, das Internet einfach so total zu überwachen? Vermutlich nichts, denn schließlich ist das Internet Eigentum der USA. Es wurde von der US-Armee – damals noch als Arpanet – initiiert. Der Sitz der Internet-Verwaltungsorganisation ICANN ist in Los Angeles, die ICANN selbst unterliegt kalifornischem Recht und operiert auf Basis eines Vertrags mit dem US-Wirtschaftsministerium. Die größten Internet-Unternehmen der Welt sitzen in den USA: Google, Amazon, eBay und Facebook haben global wenig Konkurrenz zu fürchten. Das mobile Web ist fest im Griff der US-Konzerne: Fast 100 Prozent aller aktuellen Smartphones laufen mit Betriebssystemen aus Amerika. Natürlich können wir in unseren Facebook Timelines von Angela Merkel fordern, dass sie die NSA in ihre Schranken weist und auf die Einhaltung deutschen Rechts pocht. Allein: Es wird nichts nützen. Wir haben uns viel zu bereitwillig in die Abhängigkeit von einer Technologie begeben, die in beispiellosem Umfang von den USA dominiert wird.
Welche Alternativen gibt es? Bei Licht betrachtet wenige. Es wäre theoretisch denkbar, dass wir ein europäisches Internet-Pendant aufbauen. Doch könnte das genauso attraktiv für die Nutzer und unbürokratisch für die Anbieter ausfallen, wenn es von einer EU-Arbeitsgruppe erdacht würde? Wir könnten darauf verzichten, Angebote von US-Diensten zu nutzen – also Ixquick statt Google, Otto statt Amazon, Quoka statt eBay, Symbian statt iOS. Würde das die NSA daran hindern, weiter das Internet auszuspionieren? Vermutlich nicht. Aber es könnte der erste Schritt sein zu einer europäischen Internet-Kultur, die sich an unseren Bedürfnissen orientiert – und an unserem Rechtsrahmen.
Diesen Beitrag habe ich in der Ausgabe 15/2013 der Fachzeitschrift INTERNET WORLD Business veröffentlicht
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