Dieses Cockpit gehört zu einem sehr begehrten Mietwagen, dem BMW 1er Active E. Von diesem Auto hat das Car-Sharing-Programm DriveNow ein paar in München laufen. Immer sind sie ausgebucht.
Bis auf heute.
Ich bin gerade dabei, vom Büro zur Tiefgarage zu gehen, um mit meinem Auto nach Hause zu fahren, da steht eins der Autos mit den auffälligen Leiterbahn-Streifen auf der weißen Karosserie in der Bayerstraße - und ist frei. Also kurzerhand den Führerschein mit dem RFID-Chip drauf gezückt, das Auto entriegelt und eingestiegen.
Innen ist der Active E eigentlich ein ganz normaler 1er. Mit vielen Knöpfen, einem Multicontroller für das Bord-Entertainment-System und recht bequemen Sportsitzen, mit hellem Leder bezogen. Bevor man mit dem DriveNow-Auto losfahren kann, muss man allerdings einen Kurzlehrgang absolvieren, in dem einem die wichtigsten Eigenheiten des Elektroantriebs nahe gebracht werden. Dazu gehört eine sehr geringe Bodenfreiheit von nur 11 cm ebenso wie die Tatsache, dass die Reichweite ein Thema ist: Mein Auto hat noch für 55 km Strom im Tank. Voll aufgeladen fährt der Active E nach Werksangaben bis zu 160 km weit. Auf der Mittelkonsole sitzt der typische BMW-Automatikwählhebel, den man als Neuling erst einmal nicht begreift. Dabei braucht der Active E kein Getriebe mit mehreren Gängen, der Wählhebel wird nur zum Vor- und Zurückfahren angefasst. Augenfälliger Unterschied zur Benzinversion: Dort wo normalerweise ein großer Drehzahlmesser sitzt, informiert im Active E ein Kombiinstrument darüber, ob das Auto gerade Batteriestrom verbraucht oder - im Schiebebetrieb - Energie zurücklädt (rekupertiert).
Die Info-Screens auf dem Bord-Display abgenickt, Fuß auf die Bremse, Startknopf gedrückt - das weiße Stufenheck-Coupé ist startbereit. Ein sanfter Tritt aufs Gaspedal lässt den Wagen lautlos losrollen, einen Leerweg gibt es nicht. Sobald man den Fuß vom Pedal nimmt, verzögert der Wagen, bis er stehen bleibt - und rekuperiert dabei Strom. Das fühlt sich an, als ob man auf die Bremse tritt - eine der wenigen Eigenheiten, die man beim Fahren berücksichtigen muss.
Ansonsten fährt sich der Active E erfrischend normal und luxuriös. Vom Elektroantrieb hört man nur ein leises Summen, das ab ca. 30 km/h im Rollgeräusch der Reifen untergeht. Der Federumgskomfort ist okay, das Auto ist hart aber verbindlich: Die 1,8 Tonnen Leergewicht wirken sich positiv auf das ansonsten brettharte 1er Fahrwerk aus. Wer wie ich jahrelang ein Auto mit stufenlosem CVT-Getriebe fuhr, fühlt sich mit der ruckfreien Beschleunigung des Active E sofort heimisch. Nur eins geht nicht: Den Wagen auf die gewünschte Geschwindigkeit beschleunigen und dann einfach rollen lassen. Sobald man beim Active E den Fuß vom Gas nimmt, verzögert der BMW, als wenn man durchaus spürbar bremsen würde. Schwung zum Rollen ausnutzen geht so nicht so einfach. Doch nach wenigen Kilometern hat man sich daran gewöhnt und hält das Gaspedal einfach halb durchgetreten.
Freunde des alten 3er BMW der Baureihe E30 sehen im 1er Coupe oft den wahren Enkel des E30-Zweitürers. Beim Active E gibt es weitere Gemeinsamkeiten: Der Motor leistet mit 170 PS genauso viel wie der alte 325i, auch die Beschleunigung von 0 auf 100 ist mit 9 Sekunden etwa gleich, obwohl der E-BMW eine halbe Tonne mehr wiegt als der 3er von vor 25 Jahren. Die Beschleunigung fühlt sich recht unwirklich an: Ohne Gebrüll und heulende Maschine schießt der BMW einfach wie vom Gummibald gezogen nach vorn. Das macht Spaß, und an der Ampel ist man mit dem Active E bei Bedarf immer vorn. Die Spitzengeschwindigkeit ist auf 145 km/h limitiert. Das mag damit zusammenhängen, dass der Active E kein Schaltgetriebe hat und der Motor nicht unendlich hoch drehen kann. Es hilft aber sicherlich auch, die Akkureserven zu schonen.
Um die Restreichweite kümmere ich mich an diesem Abend nicht, ebensowenig um das Nachladen, um die Akkulebensdauer und die Ökobilanz. Ich stelle den Wagen vor meine Haustür, freue mich beim Rückwärtseinparken über den gut funktionierenden Rückfahrwarner und verriegele das Coupé wieder mit meinem Führerschein.
Würde ich mir einen Active E kaufen? Sicher nicht, denn mit der gebotenen Reichweite käme ich zu oft an Grenzen, die ich nicht brauchen kann. Außerdem verkauft BMW den Active E nicht - er wird nur im Rahmen von Feldversuchen ausgeliehen.
Aber das Fahren hat großen Spaß gemacht.
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